Donnerstag, 5. April 2007

Sportzertifikate: Streit spitzt sich zu

Der Streit um die vom Handel ausgesetzten Sportwettenzertifikate spitzt sich zu. Die Lobbyvereinigung Deutsches Derivate Institut (DDI) fordert, die in Frankfurt nicht mehr gehandelten umstrittenen Papiere auch in Berlin vom Kurszettel zu nehmen. "Die dortige Börse sollte darüber nachdenken, ob sie angesichts staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen Sportwetten nicht vom Kurszettel nimmt", sagte der geschäftsführende Vorstand des DDI, Dieter Lendle, am Donnerstag Reuters.

Vor wenigen Tagen hatte die Frankfurter Börse 36 von der österreichischen Ex-tra Sportwetten angebotene Zertifikate bis auf weiteres vom Handel ausgesetzt, weil die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf verbotenes Glücksspiel ermittelt. In Berlin sind die Zertifikate jedoch weiter handelbar, wie Andreas Weihmüller, Rechtsanwalt bei der Berliner Börse, sagte. Das Land habe dazu sein Einverständnis gegeben. "Es hat ein Gespräch mit unserer Börsenaufsicht gegeben, das gezeigt hat, dass sie keine Bedenken hat. Dass es eine Grauzone gibt, ist aber allen Beteiligten klar", sagte der Justiziar.

Anleger können bei den Sportzertifikaten - ähnlich wie bei Sportwetten - etwa darauf spekulieren, dass eine bestimmte Fußball-Mannschaft Deutscher Meister wird. Tritt das Ereignis ein, erhält der Anleger 100 Euro - wenn nicht, geht er leer aus. Die Wertpapierhandelsbank Tradegate, die die Sportzertifikate in Deutschland anbietet, sieht in den Papieren keinen Unterschied zu allen anderen strukturierten Produkten, die in Deutschland gehandelt werden.

DDI-Chef Lendle ist anderer Meinung. Derartige "schwarze Schafe" würden die gesamte, noch sehr junge Zertifikatebranche in Verruf bringen, die sich um seriöse Anleger bemühe. "Das ist uns ein Dorn im Auge, Sportwetten gehören nicht an die Börse", macht er seinen Standpunkt klar. Die Anbieter nutzen den ungeschützten Begriff "Zertifikat" aus und verkauften "Zockerei" in einem seriösen Mantel.

Banken müssen sich wehren

Eine zusätzliche Regulierung des Marktes hält Lendle aber für den falschen Weg, um das Problem zu bewältigen. Die Gesetze reichten aus. Neue Regeln würden der boomenden Branche, die ihre Strukturen erst noch entwickeln müsse, eher schaden als nutzen. Er fordert die Banken auf, Position zu beziehen. "Die Banken sollen sich wehren, dass solche Zertifikate über sie geordert werden", sagt Lendle. In der Beratung seien Sportzertifikate ein Problem, weil Finanzinstitute ihre Kunden nur über Geldanlage, nicht aber über Sportwetten aufklären könnten.

Sobald eine Bank für eine verlorene Wette haftbar gemacht werde, könnte sie das Interesse an Zertifikaten verlieren, fürchtet Lendle. "Das ist das gleiche Problem wie bei großen Fußballvereinen. Wenn wenige Hooligans kommen und große Randale machen, bringen sie den ganzen Verein in Verruf." Dagegen helfe nur Aufklärungsarbeit bei den Kunden. Aus der Sicht von Lendle sind die Sportzertifikate bislang die einzigen Produkte, die derart in die Nähe der Zockerei gerückt seien und dem Markt schaden könnten. "Ich hoffe, dass es ein abschreckendes Beispiel ist", sagte der DDI-Chef.

von Angelika Gruber (n-tv.de)

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