Montag, 15. Oktober 2007

Verwaltungsgericht Arnsberg gewährt Sportwettenvermittler Vollstreckungsschutz

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Das Verwaltungsgericht Arnsberg hat einem Sportwettenvermittler Vollstreckungsschutz gegen eine Untersagungsverfügung der Stadt Soest gewährt (Beschluss vom 12. Oktober 2007, Az. 1 L 726/07). Der von der Rechtsanwaltskanzlei ARENDTS ANWÄLTE (www.wettrecht.de) vertretene Vermittler kann daher weiterhin Verträge über Sportwetten an einen in dem EU-Mitgliedstaat Malta staatlich zugelassenen und dort laufend behördlich überwachten Buchmacher vermitteln.

Nach Ansicht des Verwaltungsgerichts bestehen schwerwiegende Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung. Die auf § 284 Abs. 1 StGB in Verbindung mit § 1 Abs. 1 des Sportwettengesetzes NRW beruhende Strafbarkeit sei mit der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit (Art. 43 und 49 EG-Vertrag) nicht vereinbar. Dies führe wegen des Anwendungsvorrangs des europäischen Gemeinschaftsrechts zur Unanwendbarkeit dieser nationalen Rechtsnormen. Damit entfalle auch die Grundlage dafür, die Vermittlungstätigkeit zu unterbinden.

Das Sportwettengesetz NRW erfülle in seiner gegenwärtigen Ausgestaltung nicht die Anforderungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in seinem Gambelli-Urteil an eine verhältnismäßige Einschränkung der Grundfreiheiten. Die rechtliche Ausgestaltung des in Nordrhein-Westfalen bestehenden Wettmonopols sei dem höherrangigen Recht bislang nicht angepasst worden.

Die Ende 2007 auslaufende, vom Bundesverfassungsgericht gesetzte Übergangsfrist sei hierbei unbeachtlich. Dem Europarecht und dem EuGH seien derartige Übergangsfristen, während derer nationales Recht trotz Unvereinbarkeit mit dem EG-Vertrag weiter abwendbar sei, fremd. Im Übrigen dürfte nach der Rechtsprechung des EuGH (Unibet-Urteil) die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert werden (Grundsatz der Effektivität). Der Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht werde daher nicht durch die vom Bundesverfassungsgericht in seinem Sportwetten-Urteil geschaffenen „Übergangsrechtslage“ behoben.

Der Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts könne auch nicht wegen einer sonst entstehenden „inakzeptablen Gesetzeslücke“ ausgeschlossen werden (so jedoch das OVG NRW, dagegen jedoch VG Köln und VG Minden). Der Vorrang des unmittelbar geltenden europäischen Rechts vor nationalem Recht sei ein „Grundpfeiler des EG-Vertrags“. Die fortgesetzte Anwendung europarechtswidrigen nationalen Rechts durch einen Mitgliedstaat käme einer einseitigen Aufkündigung der vertraglichen Bindungen gleich und würde die Regelungen des EG-Vertrages der nationalen Beliebigkeit preisgeben.

Von einer Gefährdung wichtiger Allgemeininteressen sei nicht auszugehen. Die ausländischen lizenzierten Wettanbieter unterlägen in den konzessionierenden EU-Mitgliedstaaten bereits einer behördlichen Kontrolle nach den dortigen gesetzlichen Vorgaben. Gewichtige Unterschiede im Handeln der öffentlichen und privaten Sportwettenanbieter seien derzeit nicht zu erkennen.

aus: Sportwettenrecht aktuell Nr. 89

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