Montag, 19. November 2007

Europäischer Gerichtshof entscheidet zum deutschen Sportwettenmonopol - neue Vorlageverfahren aus Deutschland

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Ob das derzeit in Deutschland bestehende Monopol bezüglich Sportwetten zugunsten staatlicher Unternehmen bzw. eines privaten Anbieters (Lotto Rheinland-Pfalz GmbH) auch zukünftig aufrechterhalten werden kann, wird vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) entschieden werden. Das Verwaltungsgericht Gießen hat nunmehr neben dem bereits bekannten Vorlageverfahren Markus Stoß gegen Wetteraukreis (Rechtssache C-316/07) zwei weitere Verfahren dem EuGH gemäß Art. 234 EG-Vertrag zur Vorabentscheidung vorgelegt, nämlich Avalon Service-Online-Dienste GmbH gegen Wetteraukreis (Rechtssache C-409/07) und Olaf Amadeus Wilhelm Happel gegen Wetteraukreis (Rechtssache C-410/07). Diese Verfahren betreffen jeweils Untersagungsverfügungen gegen Vermittler von in anderen EU-MItgliedstaaten staatlich zugelassenen Buchmachern.

Das Verwaltungsgericht Gießen bitten den EuGH in den beiden neuen Fällen um die Beantwortung folgender Fragen:

- Sind die Art. 43 und 49 EGV dahingehend auszulegen, dass sie einem innerstaatlichen Monopol auf bestimmte Glücksspiele wie z.B. Sportwetten entgegenstehen, wenn es in dem betreffenden Mitgliedstaat insgesamt an einer kohärenten und systematischen Politik zur Beschränkung des Glücksspiels fehlt, insbesondere weil die innerstaatlich konzessionierten Veranstalter zur Teilnahme an anderen Glücksspielen - wie staatlichen Lotterien und Kasinospielen - ermuntern, und ferner andere Spiele mit gleichem oder höherem mutmaßlichen Suchtgefährdungspotential - wie Wetten auf bestimmte Sportereignisse (wie Pferderennen) und Automatenspiel - von privaten Dienstleistungsanbietern erbracht werden dürfen?

- Sind Art. 43 und 49 EGV dahingehend auszulegen, dass durch dafür berufene staatliche Stellen der Mitgliedstaaten ausgestellte Genehmigungen der Veranstaltung von Sportwetten, die nicht auf das jeweilige Staatsgebiet beschränkt sind, den Inhaber der Genehmigung wie auch von ihm beauftragte Dritte berechtigen, auch im Bereich der anderen Mitgliedstaaten ohne zusätzlich erforderliche nationale Genehmigungen die jeweiligen Angebote zum Abschluss von Verträgen anzubieten und durchzuführen?

Damit sind nunmehr insgesamt sieben deutsche Sportwettenverfahren beim Europäischen Gerichthof anhängig (eines aus Köln und je drei aus Gießen und Stuttgart). Es ist davon auszugehen, dass der EuGH zumindest die Verfahren aus Gießen und Stuttgart zur gemeinsamen Verhandlung verbinden wird (ähnlich wie bereits in dem Placanica-Verfahren). Eine Entscheidung des EuGH dürfte allerdings wohl erst in zwei bis drei Jahren ergehen.

Bis dahin wollen die deutschen Monopolanbieter, die in einem Kartell, dem sog. Deutschen Lotto- und Totoblock, zusammengeschlossen sind, den deutschen Markt gegenüber Anbietern aus anderen EU-Mitgliedstaaten abschotten. Ein Mittel hierfür ist der zum 1. Januar 2008 geplante Glücksspielstaatsvertrag, mit dem das Angebot und die Bewerbung von Sportwetten und Glücksspielen über das Internet und damit ein binnengrenzüberschreitendes Angebot komplett verboten werden soll, um den deutschen Monopolanbietern die Einnahmen zu sichern. Dies hatte die Europäische Kommission als offenkundig europarechtswidrig beurteilt und ein weiteres Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland (neben dem bereits im April 2006 eingeleiteten) angekündigt, sollte der Glücksspielstaatsvertrag tatsächlich ratifiziert werden.

aus: Sportwettenrecht aktuell Nr. 91

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