Samstag, 12. April 2008

DeSIA: Deutsche Spielbanken fordern Länder zur Intervention auf, wenn Sender TV-Gewinnspiele ohne gesetzlich geforderten Spielerschutz betreiben

Derzeit befindet sich der „Zehnte Staatsvertrag zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge“ in der Diskussion der Länderparlamente. Stimmen diese zu, soll der Vertrag am 1.9.2008 in Kraft treten. Eine Neuerung betrifft Gewinnspiele. Dazu wird der § 8a eingefügt. Danach sind Gewinnspielsendungen und Gewinnspiele zulässig, sofern sie dem Gebot der Transparenz und des Teilnehmerschutzes unterliegen, nicht irreführen sowie Kosten (maximal 50 Cent), Spielgestaltung und -bedingungen offen legen. Die Deutsche Spielbanken Interessen- und Arbeitsgemeinschaft (DeSIA) sieht hier eine nicht-gesetzeskonforme Ausweitung des Glücksspiels. Sie kollidiert mit dem seit 1. Januar 2008 geltenden Glücksspiel-Staatsvertrag (GlüStV). Sie fordert daher die Länder auf, die für alle Spielanbieter geforderten gesetzlichen Auflagen zum Schutz der Spieler auch auf Glücksspiele per Call-in-TV und ähnliche Formate des Hörfunks durchzusetzen.

Wenn TV- und Hörfunk-Sender derartige Gewinnspiele durchführen, wird der gesetzlich geforderte Spielerschutz konterkariert, da derartige Spielformen die rechtlich normierten Merkmale des Glücksspiels zwar erfüllen, den Auflagen aber keine Folge leisten. Gemäß GlüStV liegt „ein Glücksspiel ... vor, wenn ... für den Erwerb einer Gewinnchance ein Entgelt verlangt wird und die Entscheidung über den Gewinn ganz oder überwiegend vom Zufall abhängt.“ Diese Kriterien erfüllen TV-Gewinnspiele: TV-Sender wie 9Live haben hohe Einschaltquoten. Daraus resultiert, dass viele Zuschauer anrufen, aber nur sehr wenige die Chance zur Teilnahme haben. Ein Zufallsgenerator wählt aus. Daher sind die juristisch definierten Merkmale „Entgelt (50 Cent Telefonkosten) sowie „überwiegend abhängig vom Zufall“ gegeben. Die TV-Formate verletzen gleichfalls das Gebot der Transparenz: Den Zuschauern wird suggeriert, die Lösung sei leicht und sie müssten nur schnell und mehrfach anrufen, weil der „Hot Button jederzeit zuschlagen“ könne. Da zudem die Zuschauer aufgrund der geringen Durchschaltquote mehrfach per Wahlwiederholung teilnehmen, entstehen hohe Kosten. Sie liegen unter der Unerheblichkeitsgrenze und zeigen klar, dass hier der Sachverhalt des Glücksspieles gegeben ist. Besonders Jugendliche, so die Verbraucherzentrale Sachsen, sind durch Sendeplatz, werbliche Ansprache und Spielkonzept gefährdet. Casinos dagegen verbieten Jugendlichen unter 18 Jahren den Zutritt.

Der GlüStV ist daher auf elektronische Medien auszuweiten, da Glücksspiele nur dann legal sind, wenn der Anbieter gleichzeitig Spielsuchtprävention realisiert. Dazu gehören u. a. die Möglichkeiten, sich vom Spiel auszuschließen oder bei Gefährdung ausgeschlossen zu werden (Spielersperre, Spiel ab 18). Solche Maßnahmen finden sich nicht bei TV-Sendern. Ein wie von der Drogenbeauftragten des Bundes, Sabine Bätzing, gefordertes „lückenloses Präventionskonzept“ muss angesichts des Suchtpotentials also auch TV-Gewinnspiele erfassen: Spielsüchtige teilten, so der News-Dienst des medienforums nrw 2008, via Telefon live mit, sie hätten innerhalb eines Monats mehrere tausend Euro fürs Call-TV ausgegeben. Derartige Sendungen finden sich bei ProSieben, Sat.1, Kabel 1, Tele 5, Super RTL, DSF, Viva, Nick und Comedy Central. Das Nachrichtenmagazin Der Spiegel rechnet für die gesamte Branche 20 bis 25 Millionen kostenpflichtige Anrufe monatlich. Nur ein Bruchteil der Versuche hat eine Gewinnchance: Die Wahrscheinlichkeit durchgestellt zu werden liegt bei 1 : 2.500.

Pressemitteilung der DeSIA - Deutsche Spielbanken Interessen- und Arbeitsgemeinschaft

Freitag, 11. April 2008

Interview zu 50 Jahren Südwest-Lotto

SÜDWEST aktiv interviewte den Geschäftsführer der staatlichen Toto-Lotto-Gesellschaft Baden-Württemberg, Friedhelm Repnik. Er verwies unter Hinweis auf die finanziellen Erfolge darauf, dass 6,1 Milliarden Euro aus den Toto-Lotto-Geldern in den Sport, in soziale Bereiche, in Kunst und Kultur und die Denkmalpflege geflossen seien. Insbesondere wurde Repnik zur Suchtgefahr, zum Glücksspielstaatsvertrag und zum staatlichen Wettmonopol befragt.

Hierzu Auszüge aus dem von Roland Muschel mit Repnik geführten Interview:


Was ist mit der Suchtgefahr?

REPNIK: Die Bürger wollten schon immer Lotto spielen, sonst wären sie vor 1958 nicht zum Tippen in andere Länder gegangen. Unsere Aufgabe ist es, Spiele so anzubieten, dass sie nicht zur Sucht verführen. Wenn man zweimal die Woche Lotto spielt, ist das nicht vergleichbar mit dem Spiel an Automaten, die ständig gefüttert werden wollen. Im Gegenteil: Lotto ist in seiner jetzigen Form in gewisser Weise das beste Mittel gegen Spielsucht und nutzt – quasi als positiver Nebenaspekt – auch sozialen Belangen. Wenn es Lotto nicht gäbe, müsste man es erfinden.

(...)

Ihr einstiger Werbepartner VfB Stuttgart gehört inzwischen zu den Gegnern des staatlichen Wettmonopols.

REPNIK: Der VfB Stuttgart war jahrelang Nutznießer von Toto-Lotto. Über die Erträge aus den staatlichen Lotterien wurden mehrfach Millionenbeträge in die Umbauten des Daimlerstadions investiert. Zudem hat der VfB von uns als Sponsorpartner profitiert, bevor er zu einem privaten Wettanbieter gewechselt ist. Wir haben den VfB eindeutig vor der Kooperation mit einem illegalen Anbieter gewarnt, der dann ja auch nicht werben durfte. Dass der VfB gegen den Staatsvertrag vor Gericht zieht, halte ich schlicht für unanständig. Der Verein wird sicher nicht Recht bekommen.

Sie dürfen mit Rücksicht auf das Suchtpotenzial nicht mehr werben. Was heißt das fürs Geschäft?

REPNIK: Wir werben nicht mehr anreizend, sondern informieren lediglich. Dies ist im Glücksspielstaatsvertrag auch so vorgesehen. Insgesamt führen die Maßnahmen zu Verbesserungen beim Spieler- und Jugendschutz zu Rückgängen der Spieleinsätze. Wir rechnen deshalb damit, dass unser Umsatz, der im Schnitt der letzten Jahre bei einer Milliarde Euro lag, mittelfristig um zehn Prozent auf etwa 900 Millionen Euro sinkt. Dies ist der Politik natürlich auch bewusst.

Restriktionen für Toto-Lotto, jedoch kaum Einschränkungen für Spielautomaten. Passt das zusammen?

REPNIK: Was derzeit in den Spielhallen abläuft, ist mit Sicherheit nicht das, was das Bundesverfassungsgericht und auch der Gesetzgeber will. Das muss noch viel restriktiver geregelt werden.

Manche Gerichte lassen private Wettanbieter zu, andere nicht. Verstehen Sie das?

REPNIK: Das verstehe ich überhaupt nicht. Wir haben Gerichte, da sagt die Kammer A: Private Wettanbieter sind nicht zulässig. Und am gleichen Gericht urteilt die Kammer B gegenteilig. Aber je höher die Instanzen, umso deutlicher sind die Urteile zu unseren Gunsten. Trotzdem gibt es bei den Wettbuden ein Hase-und-Igel-Spiel: Die Behörden ordnen die Schließung eines privaten Wettbüros an – und am nächsten Tag ist ein neuer Betreiber da. Aber auch das wird irgendwann ein Ende haben. Letztlich wird der Europäische Gerichtshof unser Wettmonopol bestätigen.

(...)

Quelle: http://www.suedwest-aktiv.de/landundwelt/themen_des_tages/3506445/artikel.php?SWAID=2978c09a0d3f26e2183a6f89f60d6390

Donnerstag, 10. April 2008

VG Berlin: „Sein und Schein des Glückspielstaatsvertrages“

Nachdem bereits zwei Verwaltungsgerichte in Eilverfahren auf der Grundlage des neuen Glückspielstaatsvertrages entschieden hatten, dass Untersagungsverfügungen wegen private Sportwettvermittler vorläufig nicht vollstreckt werden dürfen, hat nun auch das VG Berlin das staatliche Wettmonopol in Frage gestellt.

Das VG Berlin hat in einem von RA Rainer Struß erwirkten Beschluss vom 02.04.2008 (VG 35 A 52.08) mit beeindruckender Ausführlichkeit und Deutlichkeit begründet, dass erhebliche Zweifel daran bestehen, dass der Glückspielstaatsvertrag und dessen Ausführungsgesetz in Berlin verfassungsgemäß ist.

„Angesichts der Berliner Entscheidung und der Entwicklung, die die Rechtsprechung seit dem Inkrafttreten des Glückspielstaatsvertrages nimmt, ist das Sportwettmonopol in meinen Augen ein Patient, der bereits auf der Bahre liegt.“ kommentiert Markus Maul, der Präsident der VEWU (Verband Europäischer Wettunternehmer) die Berliner Entscheidung.

In ihrer Entscheidung geht die Kammer in allen Einzelheiten darauf ein, aus welchen Gründen die gesetzliche und die faktische Ausgestaltung des Glückspielstaatsvertrages nicht den Vorgaben des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom 28.02.2008 entspricht.

Das Gericht weist darauf hin, dass der Gesetzgeber seiner verfassungsrechtlichen Pflicht zur Gestaltung einer den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts genügenden Regelung nicht nachkommt, wenn er die erforderliche Ausgestaltung des Sportwettmonopols der Verwaltung überlässt. So sind Art und Zuschnitt staatlicher Sportwetten sind nicht gesetzlich bestimmt. Die Werbung und den Vertrieb der staatlichen Glückspielangebote hat der Gesetzgeber nicht hinreichend reglementiert. Verfassungsrechtliche Vorgaben des Spielschutzes wurden in dem Gesetz nicht hinreichend beachtet. Mit der Verabschiedung des Glückspielstaatsvertrag , d. h. dem Erhalt des stattlichen Monopols, sollten nach wie vor fiskalische Interessen verfolgt werden.

Hinsichtlich der tatsächlichen Ausgestaltung des Monopols durch Lotto stellt das Gericht fest, dass die DKLB in Berlin Sportwetten nach wie vor wie Güter des täglichen Lebens anbietet. Weder das Vertriebssystem (Provisionsmodell) noch das Vertriebsnetz wurde den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts gemäß angepasst. „Auffallend ist, dass in Berlin eine höhere Dichte an Annahmestellen vorgesehen ist, als sie bundesweit zum Zeitpunkt des Urteils des Bundesverfassungsgerichts bestand“ (Seite 18 des Beschlusses).

Das Gericht kritisiert ferner die die Dachmarkenwerbung von Lotto und kommt zu dem Schluss, dass die DKLB in Berlin die Lücken im Glückspielstaatsvertrag ausnutzt. Nach Ansicht des Gerichts hat das gesetzgeberische Defizit zudem zur Folge, dass Sportwetten geradezu als gemeinnützig beworben werden.

Ausschlaggebend dafür, dass das Gericht mit diesem Beschluss seine bisherige Rechtssprechung geändert hat, ist, dass die Übergangszeit, für die das Bundsverfassungsgericht nur ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem gesetzlichen Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Begrenzung der Spielsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des staatlichen Monopols anderseits, gefordert hatte, am 31.12.2008 abgelaufen ist. Mit der bis zum 1 Januar 2008 erforderlichen Neuregelung war eine vollständige Konsistenz herzustellenden.

„Mit seiner ausführlichen Begründung entlarvt das Verwaltungsgericht die heuchlerischen Bekundungen des Lottoblocks. Die Maßnahmenkataloge, die von Lotto während der Übergangszeit vorgelegt wurden, sollten doch den Gerichten nur suchtpräventiven Sand in die Augen streuen. Lotto hatte gehofft, dass man nach dem Inkrafttreten des Glückspielstaatsvertrages die unliebsame private Konkurrenz beseitigen und anschließend im Grunde genommen so weiter wirtschaften kann, wie bisher. Ich bin überzeugt davon, dass die Berliner Entscheidung aufgrund ihrer Ausführlichkeit weitere Gerichte zur kritischen Prüfung veranlassen wird. Auf den Europäischen Gerichtshof vertrauen wir zwar nach wie vor, wir werden aber nicht auf dessen Entscheidung warten müssen“ so Markus Maul abschließend.

Das VG Berlin deutet in seinem Beschluss schließlich an, dass es angesichts der Frage der Verfassungswidrigkeit der derzeitigen Regelungen das Verfahren in der Hauptsache ggf. dem Bundesverfassungsgericht zur Prüfung vorlegen wird. Sollte dort festgestellt werden, dass die Zweifel der Berliner Richter berechtigt sind und der Glückspielstaatsvertrag für verfassungswidrig erklärt werden, bestünde für das gesamte Lottomonopol keine gesetzliche Grundlage mehr. Eine weitere Übergangsfrist würde man in Karlsruhe nicht gewähren.

Pressemitteilung des Verband Europäischer Wettunternehmer - VEWU

Mittwoch, 9. April 2008

VG Münster: Verbot von Pokerturnieren bestätigt

Die Stadt Rheine durfte einem privaten Veranstalter untersagen, in einer örtlichen Gaststätte öffentliche Pokerturniere im Rahmen der sog. Poker-Bundesliga durchzuführen. Dies hat das Verwaltungsgericht Münster durch Eilbeschluss vom 3. April 2008 entschieden.

Der Veranstalter hatte der Stadt Rheine Ende 2007 angezeigt, er beabsichtige, in einer Gastwirtschaft in Rheine regelmäßig Pokerturniere durchzuführen. Für die Teilnahme an diesen örtlichen Turnieren, die mit gleichartigen Veranstaltungen an anderen Orten im Rahmen der sog. Poker-Bundesliga verbunden sind und bei denen gesponserte Gewinne ausgelobt werden, werde ein Eintrittsgeld von 15 Euro als Kostenbeitrag erhoben. Das Ordnungsamt der Stadt Rheine untersagte im Dezember 2007 mit sofortiger Wirkung die Durchführung der Turniere und drohte bei einem Verstoß die Schließung der Veranstaltung an.

Nachdem der Veranstalter daraufhin sein Konzept änderte und die Spieler statt um das Eintrittsgeld nur noch um eine Spende für eine gemeinnützige Einrichtung bitten wollte, wurden auch diese sog. Charity-Turniere untersagt.

Das Verwaltungsgericht Münster entschied jetzt durch Eilbeschluss, die gegen die Untersagung gerichtete Klage des Veranstalters werde voraussichtlich keinen Erfolg haben. Diese Pokerturniere der "Poker-Bundesliga" seien, soweit ein Entgelt von den Spielern erhoben werde, unerlaubte öffentliche Glücksspiele, deren Veranstaltung nach dem Strafgesetzbuch strafbar sei. Poker in der vorgesehenen Form sei ein Glücksspiel, weil der Spieler gegen einen Geldeinsatz um einen vom Zufall abhängigen Gewinn spiele.

Die Bezeichnung des Entgelts als Eintrittsgeld, Startgeld oder sonst wie sei dabei ebenso ohne Bedeutung wie der Umstand, dass damit eventuell ausschließlich die Veranstaltungskosten gedeckt würden. Ohne Bedeutung sei auch, dass die für die Gewinner ausgelobten Preise möglicherweise vollständig von Sponsoren zur Verfügung gestellt würden.

Auch die geplanten "Charity-Turniere" könnten verboten werden. Sie seien nach dem Gesamtkonzept der "Poker-Bundesliga" - mit einem Punktekontosystem und gemeinsamer Internetpräsentation - mit den übrigen entgeltpflichtigen Pokerturnieren, etwa dem Finalturnier mit der Aussicht auf hochwertige Gewinne (Hauptpreis: Neuwagen im Wert von 12.000 Euro), untrennbar verbunden. Für eine Teilnahme an diesen entgeltpflichtigen Pokerspielen werde bei jeder Veranstaltung ein Anreiz geschaffen, so dass eine entgeltfreie örtliche Pokerveranstaltung zugleich eine Werbung für ein unerlaubtes öffentliches Glücksspiel darstelle. Diese Werbung sei nach dem Strafgesetzbuch ebenfalls verboten.

Az.: 9 L 13/08 (nicht rechtskräftig)

Quelle: Pressemitteilung des Verwaltungsgerichts Münster vom 7. April 2008

Auch Verwaltungsgericht Berlin ändert seine Rechtsprechung zu Gunsten privater Sportwettenvermittler für die Rechtslage ab 01.01.2008

Das VG Berlin hat mit Beschluss vom 02.04.2008 in einem von Herrn Kollegen Rechtsanwalt Rainer Struß, Berlin, geführten Abänderungsverfahren einen früheren Beschluss des VG Berlin vom 14.12.2007 nunmehr abgeändert und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen eine Sportwettenuntersagungsverfügung hergestellt.

Das VG Berlin hat erhebliche Bedenken an der Verfassungsgemäßheit des Glücksspielstaatsvertrages und des Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag des Landes Berlin.

Es stützt seine Bedenken im Wesentlichen darauf, dass die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes an eine verfassungskonforme Ausgestaltung des staatlichen Sportwettenmonopols hinsichtlich inhaltlicher Kriterien betreffend Art und Zuschnitt der Sportwetten nur ansatzweise erfüllt seien, und auch nicht ersichtlich sei, dass der Gesetzgeber gestaltend auf den Vertrieb der Sportwetten durch den staatlichen Monopolisten eingewirkt hat und gegenüber der vom Bundesverfassungsgericht beanstandeten Vermarktung der Sportwetten als "Gut des täglichen Lebens" eine Veränderung geschaffen habe. Darüber hinaus bestehen erhebliche Zweifel, ob der Glücksspielstaatsvertrag und das Berliner Glücksspielgesetz ausreichend strukturell alle Vorgaben zur Begrenzung der Werbung für Sportwetten enthalte, sowie erhebliche Zweifel daran, ob bei der gesetzlichen Konstituierung der Ausgestaltung des staatlichen Sportwettenmonopols die verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Spielerschutz ausreichend beachtet wurden. Schlussendlich hat das Gericht Zweifel daran, ob mit dem Glücksspielstaatsvertrag und dem Berliner Glücksspielgesetz nicht weiterhin finanzielle Interessen verfolgt werden.

Das Verwaltungsgericht Berlin ist nunmehr das dritte Verwaltungsgericht, welches mit Ablauf der vom Bundesverfassungsgericht im Urteil vom 28.03.2006 gesetzten Übergangsfrist zum 31.12.2007 seine Rechtsprechung nunmehr geändert hat. Das Verwaltungsgericht Berlin stellt unmissverständlich klar, dass nunmehr ab dem 01.01.2008 eine vollständige Konsistenz zwischen dem gesetzlichen Ziel der Begrenzung der Wettleidenschaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des staatlichen Monopols andererseits herzustellen ist. Insofern kann nicht mehr auf die gerichtlichen Entscheidungen, die auf der Sachlage der Rechtslage bis zum 31.12.2007 basieren, zurückgegriffen werden. Diese vollständige Konsistenz ist nach Ansicht der Kammer nicht gegeben.

Die Entscheidung ist im Volltext unter der Homepage www.vewu.de einsehbar.

Pressemeldung des VEWU

Lotto-Testkäufe durch Jugendliche gestoppt

Der rheinland-pfälzische Innenminister Karl Peter Bruch (SPD) hat Testkäufe von Jugendlichen in Lotto-Annahmestellen gestoppt. Die Lotto Rheinland-Pfalz GmbH sei gebeten worden, die Käufe einzustellen, sagte laut einem Bericht der Wormser Zeitung ein Ministeriumssprecher.

Die Firma Lotto Rheinlad-Pfalz GmbH hatte zuvor bestätigt, in den vergangenen zwei Wochen zwei 17-jährige Mädchen landesweit eingesetzt zu haben. Lotto-Geschäftsführer Hans-Peter Schössler erklärte, das Unternehmen habe mit den Testkäufen sicherstellen wollen, dass der Jugendschutz eingehalten werde, zu dem man laut Staatsvertrag verpflichtet sei. "Uns geht es darum, die Annahmestellen zu sensibilisieren." Die Testkäufe seien zuvor rechtlich geprüft worden.

Verwaltungsgericht München gewährt Sportwettenvermittler Vollstreckungsschutz gegen Untersagungsverfügung

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Das Bayerische Verwaltungsgericht München (VG München) hat in einer heute zugestellten Entscheidung einem Sportwettenvermittler Vollstreckungsschutz gegen eine Untersagungsverfügung der Landeshauptstadt München gewährt (Beschluss vom 7. April 2008, Az. M 16 08.851). Der von der Kanzlei ARENDTS ANWÄLTE (www.wettrecht.de) vertretene Vermittler kann damit weiter tätig sein und Sportwetten an einen in der EU staatlich zugelassenen privaten Buchmacher vermitteln. Das VG München hat damit seine bisherige Linie geändert, nachdem in den letzten Jahren in vergleichbaren Fällen kein Vollstreckungsschutz gewährt worden war. Das Gericht hat den Schutz davon abhängig gemacht, dass der Vermittler einen Antrag auf glücksspielrechtliche Erlaubnis stellt.

Die Hauptsache ist nach Ansicht des VG München als offen zu beurteilen. Maßgeblich komme es darauf an, ob die neuen normativen Vorgaben durch den Glücksspielstaatsvertrag und das bayerische Ausführungsgesetz hierzu sowie die Maßnahmen der Bayerischen Staatsregierung den Anforderungen des EuGH an eine die Grundfreiheiten einschränkende „Glücksspielpolitik“ entsprächen. Dies müsse umfassend in der Hauptsache anhand der Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) geklärt werden. Es komme darauf an, ob für das staatliche Angebot eine aktive Prävention vorgesehen sei, in welchem Umfang Werbung betrieben werde, wie breit das Vertriebsnetz sei und ob Sportwetten zu einem normalen Gut des täglichen Lebens gemacht würden. Auch müsse geprüft werden, welches Gefährdungspotential die einzelnen Glücksspielsektoren aufwiesen und ob nicht nach der Rechtsprechung des EuGH eine umfassende „Gesamtlösung“ für das gesamte Glücksspielwesen erfolgen müsse.

Das VG München hat dem Vermittler aufgegeben, einen Erlaubnisantrag zu stellen, auch wenn es unter Geltung des Glücksspielstaatsvertrags ausgeschlossen erscheinen möge, eine derartige Erlaubnis auch zu erhalten. Es sei für den Vermittler zumutbar, aber auch genügend, sich um eine Erlaubnis zu bemühen und ggf. nach Abschluss des Verwaltungsverfahrens eine gerichtliche Klärung herbeizuführen.

aus: Sportwettenrecht aktuell Nr. 99