Sonntag, 26. Dezember 2010

Verwaltungsgericht Stuttgart: Sportwettenmonopol nach den Vorgaben der EuGH europarechtswidrig

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die Ausgangsverfahren zu den EuGH-Vorlagen (Urteile des EuGH vom 8. September 2010, verbundene Rechtsachen Markus Stoss u.a.) nunmehr entschieden und ist dabei konsequent den Vorgaben des EuGH gefolgt (Urteile vom 16. Dezember 2010, Az. 4 K 3645/10 u.a.).

Demnach verstößt das durch den Glücksspielstaatsvertrag verankerte Glücksspielmonopol gegen den Vorrang des Europarechts, da es nicht hinreichend kohärent ausgestaltet ist. Das Verwaltungsgericht hält hierzu fest (Hervorhebungen durch den Autor):

"Die Untersagungsverfügung kann jedoch nicht hierauf gestützt werden, denn die in § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GlüStV getroffene und auf dem Glücksspielmonopol (§ 10 Abs. 2 und 5 GlüStV) basierende Regelung ist wegen Verstoßes gegen Art. 49 bzw. 56 AEUV (die Art. 43 bzw. 49 EG entsprechen) unanwendbar. Das folgt aus dem Vorrang des Unionsrechts. Aus der von der Kammer eingeholten Vorabentscheidung des EuGH vom 08.09.2010 (C-358/07-360/07, GewArch 2010, 444 = ZfWG 2010, 332) ergibt sich, dass zwar grundsätzlich Monopole im Bereich der Sportwetten zulässig sein können, dies aber nur bei hinreichend kohärenter Ausgestaltung möglich ist. Fehlt es hieran, so sind sowohl die inhaltlichen Regelungen des Glückspielstaatsvertrags, soweit sie Monopolisierungen betreffen bzw. voraussetzen (insbesondere § 4 GlüStV), als auch die begleitenden im Vertrag enthaltenen behördlichen Handlungsermächtigungen (wie § 9 GlüStV) mit Unionsrecht unvereinbar. An einer solchen kohärenten Ausgestaltung fehlt es auch zum heutigen Zeitpunkt.

Das folgt schon daraus, dass bei den aufgrund der Vorabentscheidung mit in den Blick zu nehmenden Automatenspielen - diese wurden vom Beklagten und auch im Urteil des VGH Bad.-Württ. v. 10.12.2009 (a.a.O.) bisher für unerheblich gehalten, da allein auf den Sektor der Sportwetten abzustellen sei - die rechtliche Situation gegenüber dem Vorlagebeschluss von 2007 unverändert geblieben ist.

Im Vorlagebeschluss hatte die Kammer dazu ausgeführt: „Es ist jedoch für die Kammer nicht ersichtlich, dass die maßgeblichen gesetzgeberischen Körperschaften der Bundesrepublik Deutschland namentlich gegen die vielfältigen Automatenspiele vorgehen bzw. vorzugehen beabsichtigen. Denn die im Kontext des Abschlusses eines neuen Lotteriestaatsvertrags und infolge der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28.März 2006 in Angriff genommenen Maßnahmen beziehen die dargestellten privaten Unternehmen offenstehenden Glücksspielsektoren in keiner Weise mit ein…. Hinzu kommt ein Weiteres: Mit Wirkung vom 01.01.2006 erfolgte eine Änderung der SpielV (vgl. u. a. §§ 3 und 13 SpielV, BGBl. I 2006, 280) in einer Weise, dass verschiedene suchtrelevante Begrenzungen sogar gelockert wurden. So wurde die Zahl der in einer Gaststätte zugelassenen Geld- und Warenspielgeräte von zwei auf drei erhöht, die in Spielhallen zulässige Zahl von 10 auf 12 Geräte; zudem wurde hierbei noch die Mindestquadratmeterzahl von 15 auf 12 qm reduziert. Weiter erfolgte eine Reduzierung der Mindestspieldauer von 12 auf 5 Sekunden bei gleichzeitiger Erhöhung der Verlustgrenze von 60 auf 80 €...... Gerade dieses lediglich sektorale und im Übrigen höchst widersprüchliche Vorgehen, ohne dass dem eine konzeptionelle Gesamtschau zugrunde läge, stellt hiernach keine geeignete und angemessene und daher kohärente Begrenzungsmaßnahme dar.“

In tatsächlicher Hinsicht hat sich die Problematik der Automatenspiele gegenüber dem Zeitpunkt des Vorlagebeschlusses sogar noch verschärft. Dieser Sektor hat sich nämlich erheblich vergrößert (siehe hierzu auch VG Hamburg, Urt. v. 02.11.2010 - 4 K 1495/07 -, Rn. 86, - juris). So verzeichnete das gewerbliche Automatenspiel deutliche Steigerungsraten. Verglichen mit dem Jahr vor der Novellierung der Spielverordnung ergaben sich Umsatzzuwächse von 38,3% (im Jahr 2005 5,88 Mrd. Euro, im Jahr 2008 8,13 Mrd. Euro). Parallel dazu stieg die Zahl der Geldspielautomaten in den gastronomischen Betrieben und rund 12.300 Spielhallen von 200.000 auf 225.000 an. Damit positionierte sich das Marktsegment des gewerblichen Automatenspiels 2008 erstmals an der Spitze aller legalen Umsatzträger (Hayer, Sucht Aktuell 2010, 47). Damit einhergehend stieg der Anteil der jungen Männer, die an den - besonders suchtgefährdenden (siehe dazu sogleich) - Spielautomaten ihr Glück versuchen, von 6% im Jahr 2007 auf 15% im Jahr 2009 (Welt-Online v. 04.02.2010).

Zu den mit dem Automatenspiel verbundenen Suchtgefahren hat bereits das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28.03.2006 (- 1 BvR 1054/01 -, NJW 2006, 1261) ausgeführt, dass bei weitem die meisten Spieler mit problematischem oder pathologischem Spielverhalten nach derzeitigem Erkenntnisstand an Automaten spielten, die nach der Gewerbeordnung betrieben werden dürfen. An zweiter Stelle in der Statistik folgten Casino-Spiele. Alle anderen Glücksspielformen trügen gegenwärtig deutlich weniger zu problematischem und pathologischem Spielverhalten bei (vgl. Hayer/Meyer, Die Prävention problematischen Spielverhaltens, J Public Health 2004, S. 293, 296). An diesen Befunden hat sich für die aktuelle Situation nichts geändert (Hayer, Sucht Aktuell, 2010, 47, 50 f.). (...)

Die Kammer weist zusammenfassend darauf hin, dass schon im Hinblick auf die normative Ermöglichung einer Angebotsexpansion in einem Bereich des Glücksspiels, der - trotz anerkannt hohen Suchtpotentials - nicht dem Monopol unterliegt, sondern liberalisiert ist, die zuständigen Behörden eine zur Entwicklung und Stimulation der Spieltätigkeiten geeignete Politik der Angebotserweiterung betreiben oder zumindest dulden, um insbesondere die aus diesen Tätigkeiten fließenden Einnahmen zu maximieren. Umso mehr gilt das, wenn entsprechende Angebotserweiterungen tatsächlich realisiert werden; dass der Normgeber diese faktischen Entwicklungen beobachtet und mittelfristig Untersuchungen oder ein Eingreifen erwägt, genügt unter diesen Umständen nicht, um die Schlussfolgerung in Frage zu stellen, dass das Sportwettenmonopol wegen Inkohärenz im Verhältnis zum Automatenspiel mit Unionsrecht derzeit unvereinbar ist.

Ob die im Vorlagebeschluss zusätzlich geäußerte gemeinschaftsrechtliche Kritik an der rechtlichen Struktur und faktischen Ausgestaltung des Sportwettenmonopols unter der Geltung des Lotteriestaatsvertrags auch heute noch - mit Blick auf umfangreiche Änderungen durch den Glücksspielstaatsvertrag - in vollem Umfang berechtigt ist, bedarf keiner Entscheidung, weil es - wie ausgeführt - an einer kohärenten Begrenzung und damit einer Erforderlichkeit des Monopols schon im Hinblick auf den Umgang mit dem Automatenspiel fehlt.

Entgegen der Auffassung des Beklagten kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass ein Verstoß gegen Unionsrecht nur dann anzunehmen ist, wenn die im Urteil des Europäischen Gerichtshofs genannten drei, sprachlich mit „sowohl - als auch“ verbundenen Elemente kumulativ erfüllt sind. Vielmehr rekurriert die Auslegung durch den Europäischen Gerichtshof auf die Vorlagefragen der nationalen Gerichte und nimmt dazu deren Ausführungen in Bezug. Hieraus ist daher für die Auslegung eines Vorabentscheidungsurteils nicht abzuleiten, dass ausschließlich dann, wenn alle dort in Referierung des Vortrags aus dem Vorlagebeschluss genannten Elemente gegeben sind, berechtigter Anlass zur Schlussfolgerung fehlender Kohärenz und Systematik bestehen kann. Dieses Verständnis folgt im Übrigen auch daraus, dass in der Entscheidung des EuGH vom 08.09.2010 zur Rechtssache C-46/08 (Carmen Media, GewArch 2010, 448 = ZfWG 2010, 344) insoweit zwei Feststellungen benannt sind (dort Rn. 71), in der Vorabentscheidung zum vorliegenden Fall drei (vgl. zutreffend VG Berlin, Beschl. v. 06.10.2010 - 35 L 354.10). Neben diesem systematischen Argument sprechen gegen ein Erfordernis kumulativer Erfüllung aber vor allem Sinn und Zweck der vom Europäischen Gerichtshof dargelegten Kohärenzanforderungen, die unterlaufen würden, wollte man die Inkohärenz im Verhältnis zum Automatenspielbereich (vgl. dazu auch Krause, GewArch 2010, 428, 430; Ennuschat, GewArch 2010, 425, 427) durch - unterstellte - rechtliche und/oder tatsächliche Verbesserungen im Bereich des Sportwettenmonopols für kompensierbar halten. In diesem Sinn dürften auch die Entscheidungsgründe des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 24.11.1010 (8 C 13.09-15.09), soweit sie sich aus dessen Pressemitteilung Nr. 110/2010 ergeben, zu verstehen sein.

Die gegenteilige, eng auf den Wortlaut der Vorabentscheidung gestützte Auffassung greift dagegen zu kurz. Der Vergleich mehrerer Sprachfassungen mit dem Ergebnis, dass die deutsche Formulierung „sowohl - als auch“ in Übereinstimmung mit diesen anderen Sprachfassungen steht (so Urteilsanmerkung Stein, ZfWG 2010, 353, 354 hinsichtlich der englischen und französischen Fassung), bringt keinen eigenständigen Erkenntnisgewinn, sondern bestätigt nur die - in aller Regel zu erwartende - Richtigkeit von amtlichen Übersetzungen. Hieraus lässt sich aber nicht der Umkehrschluss ableiten, beim Vorliegen nur eines oder nur zweier Elemente seien die nationalen Regelungen unionsrechtskonform. Im Hinblick auf die entscheidende Frage nach der Kohärenz bestehen für die Kammer vielmehr keine Zweifel daran, dass eine Vorlagefrage, die „nur“ auf mangelnde Kohärenz der zu Sportwetten getroffenen Regelung im Verhältnis zur Regelung der Automatenspiele gestützt worden wäre, aus Sicht des Europäischen Gerichtshofs keine andere Antwort zur Folge gehabt hätte als die konkret gegebene; einer neuerlichen Vorlage unter diesem Aspekt bedarf es aus Sicht der Kammer daher nicht."


Auch mit dem Argument des sog. Erlaubnisvorbehalts kann die Untersagungsverfügung gegen den Sportwettenvermittler nicht aufrecht erhalten werden. Das Verwaltungsgericht hält hierzu fest:

"Die Untersagungsverfügung kann auch nicht - wie der Beklagte offenbar meint - mit der Argumentation aufrechterhalten werden, dass es an einer nach dem deutschen Recht erforderlichen Genehmigung fehle (formelle Illegalität). Denn wie bereits ausgeführt wurde, ist § 9 GlüStV wegen Unionsrechtswidrigkeit unanwendbar. Eine geltungserhaltende Reduktion ihres Inhalts dergestalt, dass die Vorschrift - solange eine Genehmigung nicht vorliege - trotz Unionsrechtswidrigkeit der konkreten Regelungen zum Sportwettenmonopol (und damit von § 4 Abs. 1 und 2 GlüstV) eine Untersagungsverfügung rechtfertige, ist entgegen der Auffassung des Beklagten nicht möglich (so i. Erg. auch VG Halle, Urt. v. 11.11.2010, a.a.O. Rn. 190; VG Hamburg, Urt. v. 02.11.2010, a.a.O. Rn. 55 ff.). Diese Auffassung entspricht auch in vollem Umfang den Grundsätzen des Urteils des EuGH in seinem Urteil vom 06.03.2007 (C-338/04, Placanica, Rn. 67), in dem insoweit ausgeführt ist: „Das Fehlen einer polizeilichen Genehmigung kann daher Personen (…), die sich derartige Genehmigungen nicht hätten beschaffen können, weil deren Erteilung den Besitz einer Konzession voraussetzt, von deren Erhalt sie unter Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht ausgeschlossen worden waren, auf jeden Fall nicht zum Vorwurf gemacht werden.“ Dass diese Ausführungen im Kontext mit einem strafrechtlichen Verfahren standen, relativiert sie nicht; vielmehr müssen sie sinngemäß auch für die Frage einer Berechtigung zu Ordnungsverfügungen gelten, da diese oft nicht weniger einschneidende Maßnahmen als das Strafrecht beinhalten.

Der Beklagte behauptet, aus dem Carmen Media-Urteil vom 08.09.2010 (a.a.O.) ergebe sich, dass der Europäische Gerichtshof auch für den Fall einer Unionsrechtswidrigkeit des Monopols von einem Erlaubnisvorbehalt ausgegangen sei. Diese Behauptung trifft indes nicht zu. Vielmehr hat der Europäische Gerichtshof im dortigen Urteil (a.a.O.) Ausführungen zur Erlaubnispflicht auf der Basis einer vom Ausgangsgericht hilfsweise für den Fall der Europarechtswidrigkeit des Monopols gestellten Vorlagefrage gemacht. In diesem Zusammenhang nahm die Vorfrage, weshalb diese - dort dritte - Frage überhaupt gestellt wurde, breiten Raum ein; der Europäische Gerichtshof war der Auffassung, dass trotz der vom Land Schleswig-Holstein geäußerten Zweifel an ihrer Zulässigkeit diese im Hinblick auf die insoweit gegebene Präponderanz des nationalen Vorlagegerichts zu bejahen sei, da nach nationalem Recht trotz Monopols die Möglichkeit einer Erlaubnis in diesem Bereich „zumindest theoretisch durch §§ 4 Abs. 1 und 2 GlüStV und § 5 Abs. 1 GlüStVAG vorbehalten worden zu sein scheint“ (a.a.O. Rn. 81). Damit setzen die Ausführungen des Europäischen Gerichtshofs auf einem - unterstellten - Sachverhalt auf, wonach - unabhängig vom Monopol - zumindest theoretisch ein Lizenzierungsmodell für Sportwetten mit konkreten Anforderungen bestehe. Inwieweit diese Annahme auf der Basis des in der Carmen Media-Entscheidung zugrundegelegten schleswig-holsteinischen Landesrechts zutraf, kann offen bleiben. In Baden-Württemberg lassen die Regelungen eine Lizenzierung für Private im Bereich der Sportwetten jedenfalls nicht zu (vgl. § 2 AGGlüstV). Für die Behauptung des Beklagten, dass bei einer hinsichtlich Sportwetten (ausgenommen Pferdewetten) ausschließlich vorgesehenen Monopolstruktur - bei deren Unionsrechtswidrigkeit - gleichwohl ein Erlaubnisvorbehalt zum Tragen kommen müsse, ist nichts ersichtlich. Im Gegenteil erschiene die Annahme, bei konkreter Unzulässigkeit eines vom Normgeber gewollten Monopols verenge sich der Handlungsrahmen des nationalen Rechts aus unionsrechtlichen Gründen auf ein Lizenzierungsmodell, nicht gerechtfertigt. Denn die grundsätzliche Billigung einer Monopolstruktur in diesem Bereich durch den Europäischen Gerichtshof impliziert notwendig auch die Möglichkeit zu deren kohärenter Nachbesserung mit der Folge, dass Lizenzierungen für Private auf Dauer ausgeschlossen blieben. Damit bedarf es auch keiner Überlegungen dazu, ob und ggf. inwieweit die Klägerin - bei einer unterstellten Lizenzierungsmöglichkeit - materiellen Genehmigungsanforderungen genügen würde und wie diese ggf. zu bestimmen wären. Soweit der Beklagte davon ausgeht, solche materiellen Anforderungen ließen sich dem nur teilweise, nämlich um unionsrechtswidrige Teile „bereinigten“ Glücksspielstaatsvertrag entnehmen, ist das im Übrigen nicht richtig; vielmehr wäre hierfür eine (normative) Ergänzung des verbliebenen Regelungstorsos erforderlich, die aber im Hinblick auf den Grundsatz der Gewaltenteilung durch ein Gericht weder geleistet werden kann noch darf (vgl. so zutreffend VG Halle, a.a.O., Rn. 196-201)."


Die Untersagungsverfügung kann auch nicht durch Bezugnahme auf die Strafrechtsnorm des § 284 StGB (unerlaubtes Glücksspiel) aufrecht erhalten werden. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hält hierzu fest:

"Die Untersagungsverfügung kann schließlich auch nicht wegen des vom Beklagten behaupteten Verstoßes gegen § 284 StGB aufrechterhalten werden. Weder eine Auslegung als polizeirechtliche Ordnungsverfügung (§§ 1, 3 PolG) noch eine Umdeutung (§ 47 LVwVfG) in eine solche ist möglich. Denn gegenwärtig könnte eine polizeirechtliche Ordnungsverfügung nicht erlassen werden. Dass hierbei erhebliche Probleme der sachlichen Zuständigkeit und des Nachschiebens bzw. des Austausches von Ermessenserwägungen aufträten, bedarf keiner Vertiefung, weil es jedenfalls schon an den tatbestandlichen Voraussetzungen für ein Einschreiten fehlt. Ein Verstoß gegen die öffentliche Sicherheit mit Blick auf § 284 StGB liegt nämlich nicht vor. Zwar stellt diese Vorschrift das Veranstalten von öffentlichem Glücksspiel oder die Bereitstellung von Einrichtungen hierzu ohne behördliche Erlaubnis unter Strafe. Ein Strafrechtsverstoß kommt aber dennoch nicht in Betracht. Dabei kann offen bleiben, ob § 284 StGB derzeit überhaupt verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht. Denn auch wenn man dies annimmt, kann die Vorschrift nach Sinn und Zweck und bei unionsrechtskonformer Auslegung keine Grundlage für ein polizeirechtliches Einschreiten darstellen, wenn - wie hier (siehe die Ausführungen zu 1. und 2.) - staatliche Vorschriften eine rechtliche Möglichkeit zur Erteilung einer Genehmigung im Bereich der Sportwetten für Private nicht vorsehen und ein staatliches Monopol dort konkret jedenfalls derzeit nicht gerechtfertigt ist. Unter diesen Umständen fehlt es jedenfalls an einer Strafbarkeit (vgl. VG Hamburg, a.a.O., Rn. 135 unter Hinweis auf BGH, Urt. v. 16.08.2007 - 4 StR 62/07 - NJW 2007, 3078). Andernfalls würde über den Weg des Strafrechts ermöglicht, eine unionsrechtswidrig in Grundrechte (Art. 12 GG) und Grundfreiheiten (Art. 49 bzw. 56 AEUV) eingreifende Monopolstruktur vorläufig aufrechtzuerhalten; in seinem Urteil vom 08.09.2010 (Winner Wetten C-409/06, Rn. 62-69, GewArch 2010, 442 = NVwZ 2010, 1419) hat der Europäische Gerichtshof aber gerade ausgeschlossen, dass für eine Übergangszeit unionsrechtswidrige Zustände akzeptiert werden dürfen."