Freitag, 13. Juli 2012

Landgericht Berlin legt Frage der Vereinbarkeit des Sportwettenmonopols mit dem Grundgesetz dem Bundesverfassungsgericht vor

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG


In einem Strafverfahren gegen einen Sportwettenvermittler hat das Landgericht (LG) Berlin grundlegende Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des staatlichen Sportwettenmonopols geäußert und die Frage der Vereinbarkeit dieses bislang von den Ländern beanspruchten Monopols mit dem Grundgesetz (GG) dem Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG vorgelegt. Das LG Berlin bittet damit das Bundesverfassungsgericht um eine Entscheidung, ob Art. 10 Abs. 2 des Glücksspielstaatsvertrags in Verbindung mit dem dazu ergangenen Berliner Ausführungsgesetz mit Art 2 Abs. 1 GG „unvereinbar ist, als Sportwetten im Sinne von § 21 des Berliner Ausführungsgesetzes zum Glücksspielstaatsvertrag im Land Berlin nur von diesem veranstaltet werden dürfen“ (Beschluss vom 19. Januar 2012, Az. 526 Qs 8/11).

Mit dieser Einschätzung folgt das LG Berlin mehreren Gerichten, die von einer Verfassungswidrigkeit des Monopols augegangen sind, aber wegen des Vorrangs des Europarechts die Vereinbarkeit mit Verfassungsrecht nicht mehr weiter prüfen bzw. die Entscheidung darauf stützen mussten. Im zu entscheidenden Fall war dies nach Ansicht des LG Berlin anders, da sich der Vermittler als türkischer Staatsanhöriger nicht auf Europrecht berufen könne.

Nach Überzeugung des Landgerichts ist das Sportwettenmonopol verfassungswidrig. Eine Strafbarkeit nach § 284 StGB (unerlaubtes Glücksspiel) komme deswegen nicht in Betracht. Bei einer Verfassungswidrigkeit des Monopols entfalle der staatliche Strafanspruch aus § 284 StGB und zwar auch dann, wenn keine Erlaubnis beantragt worden bzw. diese rechtswidrig abgelehnt worden sei (Rn. 12, zitiert nach juris):

„Ein Verstoß gegen § 284 Abs. 1 StGB liegt dann vor, wenn ein öffentliches Glücksspiel ohne behördliche Erlaubnis veranstaltet wird. Allerdings kann die Frage der Strafbarkeit nach § 284 StGB nicht losgelöst von der verfassungsrechtlichen Beurteilung der landesrechtlichen Gesamtregelung des Sportwettenrechts beantwortet werden; dies folgt aus der verwaltungsakzessorischen Natur des § 284 StGB (…). Das bedeutet, dass derjenige Anbieter von Sportwetten, der nicht zunächst den Verwaltungsrechtsweg beschritten hat, um eine behördliche Erlaubnis i.S.v. § 284 StGB zu beantragen, dann nicht nach dieser Vorschrift strafbar ist, wenn die fehlende Erlaubnis auf einem Rechtszustand beruht, der seinerseits die Rechte des Betreibers von Glücksspielen in verfassungswidriger Weise verletzt (vgl. BGH, Urteil vom 16. August 2007, 4 StR 62/07, Rn. 22 – juris). Das ist dann der Fall, wenn überhaupt nicht die Möglichkeit bestand, eine derartige Erlaubnis zu erhalten und wenn dieser Ausschluss in Widerspruch zu höherrangigem Recht steht (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 08. Juli 2008, 11 MC 71/08 m.w.N. – juris) bzw. wenn die zuständige Behörde es unter Verletzung geltenden Rechts abgelehnt hatte, die Erlaubnis zu erteilen (vgl. EuGH, Urteil vom 06. März 2007, C-338/04 u.a. (Placania u.a.), NJW 2007, 1515, 1519). Dagegen ist der Tatbestand des § 284 Abs. 1 StGB nicht bloßer verwaltungsaktsakzessorischer Natur (so aber BGH, Urteil vom 14. März 2002, I ZR 279/99 – juris, NJW 2002, 2175, 2176; Dehne-Niemann wistra 2008, 361, 362). Würde auf das schlichte Fehlen einer behördlichen Erlaubnis – gleich aus welchem Grund – abgestellt werden, so würde bloßer Verwaltungsungehorsam bestraft werden. Darin besteht jedoch nicht der Strafzweck des § 284 StGB. (…)

Das verwaltungsaktsakzessorische Verständnis des Tatbestandes würde im Übrigen – konsequent zu Ende gedacht – dazu führen, dass es für die Strafbarkeit nach § 284 Abs. 1 StGB gleichgültig wäre, ob und inwieweit die landesrechtlichen Regelungen der Sportwette überhaupt eine Erlaubnispflicht enthalten und ob Privatpersonen überhaupt eine Erlaubnis erteilt werden kann (…). Das ist jedoch nicht der Fall, wie eine (einstimmige) Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über Verfassungsbeschwerden gegen die Anordnung der Durchsuchung von Geschäftsräumen wegen des Verdachts der unerlaubten Veranstaltung von Glücksspielen zeigt (Beschluss vom 15. April 2009, 2 BvR 1496/05, Rn. 33 f. – juris, BVerfGK 15, 330).“

Zur Verfassungswidrigkeit des staatlichen Monopols und des mit ihm einhergehenden Ausschlusses gewerblicher Wettveranstaltung durch private Wettunternehmen sowie des Ausschlusses der Vermittlung von Wetten, die nicht vom Land Berlin bzw. von der DKLB veranstaltet werden, hält das LG Berlin fest:
„Nach Auffassung der Kammer ist das in § 10 Abs. 2 GlüStV in Verbindung mit § 5 Satz 1 AG GlüStV geregelte staatliche Sportwettenmonopol mit Art. 2 Abs. 1 GG nicht vereinbar.

Das staatliche Sportwettenmonopol ist ein nicht gerechtfertigter und damit unverhältnismäßiger Eingriff in die durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützte allgemeine Handlungsfreiheit des Angeschuldigten. (…)

Die fehlende Erlaubnisfähigkeit für die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten durch Privatpersonen stellt einen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit des Angeschuldigten als privatem Sportwettenvermittler dar.

Mit der Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 1, § 10 Abs. 2 GlüStV i.V.m. § 5 AG GlüStV wird ein staatliches Monopol für die Veranstaltung von Glücksspielen geschaffen, da die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis für die Veranstaltung von Glücksspielen nur den Ländern oder juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder privatrechtlichen Gesellschaften, an denen juristische Personen des öffentlichen Rechts maßgeblich beteiligt sind, erteilt werden kann (§ 10 Abs. 2 GlüStV). Im Land Berlin dürfen öffentliche Glücksspiele nur vom Land Berlin selbst veranstaltet werden (§ 5 Satz 1 AG GlüStV), das sich zur Durchführung der Deutschen Klassenlotterie Berlin (DKLB) bedient (§ 5 Satz 2 AG GlüStV), einer Anstalt des öffentlichen Rechts (§ 1 Satz 1 DKLBG). (…)

Zwar besteht für die Vermittlung von staatlichen Glücksspielen kein staatliches Monopol (…), da die nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis für die Vermittlung von Glücksspielen auch an andere nicht dem Land Berlin zuzuordnende Stellen erteilt werden kann (Umkehrschluss aus § 10 Abs. 2 GlüStV i.V.m. § 5 Satz 1 und Satz 2 AG GlüStV, sowie die Begriffsbestimmung in § 3 Abs. 6 GlüStV und die Regelungen in § 19 GlüStV i.V.m. §§ 13 f. AG GlüStV). Das Erlaubnisverfahren nach § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV ist aber nur für die Vermittler staatlicher Wettangebote geschaffen worden; die Erteilung einer solchen Erlaubnis an Vermittler privater Sportwettangebote ist nach § 4 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 10 Abs. 5 und Abs. 2 GlüStV dagegen ausgeschlossen: Nach § 4 Abs. 2 Satz 2 GlüStV darf eine Erlaubnis für das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele nur für solche Glücksspiele erteilt werden, deren Veranstaltung nach dem Glücksspielstaatsvertrag erlaubt ist, d.h. wegen der Regelung in § 4 Abs. 1 AG GlüStV i.V.m. § 10 Abs. 5 und Abs. 2 GlüStV nur für vom Land Berlin veranstaltete Glücksspiele. (Gewerblichen) Vermittlern von Glücksspielen, die nicht (auch) vom Land Berlin bzw. von der DKLB veranstaltet werden (vgl. § 19 GlüStV, §§ 6, 13 f. AG GlüStV), wird die gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GlüStV erforderliche Erlaubnis nicht erteilt. (…)

Dieses somit im Land Berlin bestehende sog. staatliche Wettmonopol stellt wegen des mit ihm einhergehenden Ausschlusses gewerblicher Wettveranstaltung durch private Wettunternehmen sowie des Ausschlusses der Vermittlung von Wetten, die nicht vom Land Berlin bzw. von der DKLB veranstaltet werden, einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in die Berufsfreiheit der privaten Sportwettenveranstalter und -vermittler (Sportwettenanbieter) dar (ebenso BVerfG, Beschluss vom 30. November 2010, 1 BvL 3/07, Rn. 42 – juris, ZfWG 2011, 33; Janz, NJW 2003, 1964, 1698) und damit erst recht einen rechtfertigungsbedürftigen Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit des Angeschuldigten.“


Darüber hinaus hält das Landgericht entsprechend der höchstrichterlichen Rechtsprechung fest, dass fiskalische Interessen das Monopol nicht begründen können, woran auch ein Verstecken dieses Ziels in § 10 Abs. 4 des Glücksspielstaatsvertrags nicht ändere:
Daher scheiden fiskalische Interessen des Staates zur Rechtfertigung eines staatlichen Sportwettenmonopols aus (ebenso BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 2000, 1 BvR 539/96, Rn. 73 – juris, BVerfGE 102, 197; BVerfG, Urteil vom 28. März 2006, 1 BvR 1054/01, Rn. 107 – juris, BVerfGE 115, 276; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 26. März 2007, 1 BvR 2228/02, Rn. 37 - juris, BVerfGK 10, 525). Die Absicht der Erzielung staatlicher Einnahmen und Gewinne stellt in keinem Fall einen Gemeinschaftswert dar, der Eingriffe der vorliegenden Qualität in die Berufswahlfreiheit rechtfertigen könnte. Aus diesem Grund wurde das zuvor noch in § 1 Nr. 5 Lotteriestaatsvertrag festgelegte Ziel des damaligen Staatsvertrages, „sicherzustellen, dass ein erheblicher Teil der Einnahmen aus Glücksspielen zur Förderung öffentlicher oder steuerbegünstigter Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verwendet wird“, vom Bundesverfassungsgericht beanstandet (vgl. BVerfG, Urteil vom 28. März 2006, 1 BvR 1054/01, Rn. 108 – juris, BVerfGE 115, 276). Nunmehr findet sich diese Zielsetzung zwar nicht in § 1 GlüStV („Ziele des Staatsvertrages“), sondern – systematisch unpassend – in § 10 GlüStV („Sicherstellung eines ausreichenden Glücksspielangebots“). Der dortige Abs. 4 lautet: „Es ist sicherzustellen, dass ein erheblicher Teil der Einnahmen aus Glücksspielen zur Förderung öffentlicher oder gemeinnütziger, kirchlicher oder mildtätiger Zwecke verwendet wird“.

Vorliegend kann nach Überzeugung der Kammer nicht davon ausgegangen werden, dass die durch die Abgaben erzielten Fördermittel zur Finanzierung sozialer Aktivitäten vom Landesgesetzgeber nur als bloße Begleitfolge des staatlichen Wettmonopols anzusehen sind. Ganz im Gegenteil: Fiskalischen Interessen stellen – jedenfalls – einen maßgeblichen Grund für die Beibehaltung des staatlichen Wettmonopols dar. (- Schilderung des Gesetzgebungsverfahrens-)

Vor diesem Hintergrund liegt es auf der Hand, dass der Landesgesetzgeber mit der Beibehaltung des Staatsmonopols (auch) seine finanziellen Gestaltungsmöglichkeiten aufrecht erhalten wollte und deshalb gerade kein ernsthaftes und nachhaltiges Interesse an einem merklichen Rückgang der Spielsucht haben kann (ebenso VG Berlin, Urteil vom 04. November 2010, 35 K 88.09, Rn. 55 – juris).“

Nach Überzeugung des Gerichts ist das Monopol auch nicht geeignet. Insbesondere „fehlen mangels ausreichender gesetzlicher Regelungsdichte strukturelle Sicherungen, um die in § 1 GlüStV angegebenen Ziele zu erreichen und zum Anderen ist es infolge der nach Auffassung der Kammer bestehenden Unionsrechtswidrigkeit des staatlichen Wettmonopols nicht möglich, rechtlich wirksame Untersagungsverfügungen gegenüber Unionsbürgern zu erlassen, die Sportwetten vermitteln, was zur Folge hat, dass ein bloßes Einschreiten gegenüber den in Berlin handelnden Drittstaatsangehörigen, wie etwa den Angeschuldigten, nicht geeignet ist, die in § 1 GlüStV aufgestellten Ziele zu erreichen.“

Donnerstag, 12. Juli 2012

Gerichtshof der Europäischen Union: Werbung für ausländische Spielbanken darf unter bestimmten Voraussetzungen untersagt werden

Pressemitteilung vom 12. Juli 2012

Ein Mitgliedstaat darf die Werbung für in einem anderen Mitgliedstaat gelegene Spielbanken untersagen, wenn der Schutz der Spielteilnehmer dort nicht gleichwertig ist
In Österreich bedarf die Werbung für im Ausland gelegene Spielbanken einer vorherigen Bewilligung. Um eine Bewilligung zu erhalten, muss der Betreiber einer in einem anderen Mitgliedstaat gelegenen Spielbank nachweisen, dass der gesetzliche Spielerschutz in diesem Staat dem österreichischen gesetzlichen Schutz „zumindest entspricht“. Nach den österreichischen Spielerschutzbestimmungen ist der Besuch der Spielbank ausschließlich volljährigen Personen vorbehalten; darüber hinaus hat die Spielbankleitung das Spielverhalten daraufhin zu beobachten, ob die Häufigkeit und Intensität der Teilnahme am Spiel das Existenzminimum des Spielers gefährdet, und Spielbankbesucher können unmittelbar eine zivilrechtliche Klage gegen die Spielbankleitung wegen Verletzung ihrer Pflichten erheben.1

Die slowenischen Gesellschaften HIT und HIT LARIX betreiben Spielbanken in Slowenien. Sie beantragten beim österreichischen Bundesminister für Finanzen eine Bewilligung für die Bewerbung ihrer in Slowenien gelegenen Spielbanken in Österreich. Der Bundesminister für Finanzen wies ihre Anträge mit der Begründung ab, HIT und HIT LARIX hätten nicht dargetan, dass die slowenischen gesetzlichen Glücksspielbestimmungen ein Schutzniveau gewährleisteten, das mit dem in Österreich geltenden vergleichbar sei.

Der österreichische Verwaltungsgerichtshof, vor dem HIT und HIT LARIX gegen die abweisenden Bescheide Beschwerde erhoben, möchte vom Gerichtshof wissen, ob eine Regelung wie die österreichische mit dem vom Unionsrecht gewährleisteten freien Dienstleistungsverkehr zu vereinbaren ist.

In seinem Urteil vom heutigen Tag weist der Gerichtshof zunächst darauf hin, dass Glücksspielregelungen zu den Bereichen gehören, in denen beträchtliche sittliche, religiöse und kulturelle Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen. In Ermangelung einer Harmonisierung dieses Gebiets steht es den Mitgliedstaaten daher frei, die Ziele ihrer Politik auf dem Gebiet der Glücksspiele festzulegen und das angestrebte Schutzniveau genau zu bestimmen.

Allein der Umstand, dass ein Mitgliedstaat ein anderes Schutzsystem als ein anderer Mitgliedstaat gewählt hat, kann daher keinen Einfluss auf die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit der einschlägigen Bestimmungen haben. Diese sind nur im Hinblick auf die von den zuständigen Stellen des betroffenen Mitgliedstaats verfolgten Ziele und auf das von ihnen angestrebte Schutzniveau zu beurteilen.

In Anbetracht dieser Erwägungen antwortet der Gerichtshof, dass das Unionsrecht der österreichischen Regelung nicht entgegensteht, sofern sie sich darauf beschränkt, für die Erteilung der Werbebewilligung den Nachweis zu fordern, dass die anwendbare Regelung in dem anderen Mitgliedstaat einen im Wesentlichen gleichwertigen Schutz vor den Gefahren des Glücksspiels gewährleistet wie sie selbst.

Eine solche Regelung beschränkt zwar den freien Dienstleistungsverkehr, sie ist jedoch durch das Ziel gerechtfertigt, die Bevölkerung vor den Gefahren des Glücksspiels zu schützen. In Anbetracht dieses Ziels dürfte sie für die Betreiber ausländischer Spielbanken keine übermäßige Belastung darstellen und kann daher dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen.

Anders wäre es allerdings – und eine solche Regelung müsste als unverhältnismäßig angesehen werden –, wenn sie fordern würde, dass in dem anderen Mitgliedstaat identische Vorschriften gelten, oder wenn sie Vorschriften verlangen würde, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Schutz vor den Gefahren des Glücksspiels stehen.

Jedenfalls ist es Sache des nationalen Gerichts, sich zu vergewissern, dass sich die streitigen Rechtsvorschriften darauf beschränken, die Werbebewilligung für Glücksspielbetriebe mit Sitz in einem anderen Mitgliedstaat davon abhängig zu machen, dass die Regelung dieses anderen Mitgliedstaats im Hinblick auf das legitime Ziel, den Einzelnen vor den Gefahren des Glücksspiels zu schützen, im Wesentlichen gleichwertige Garantien bieten wie die nationale Regelung.

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1 Nach Ansicht der österreichischen Regierung hat die Anwendung dieser Präventivmaßnahmen zu einer wesentlichen Verringerung der Spielteilnehmer geführt, denn 2011 sei für mehr als 80 000 Personen der Besuch von Spielbanken in Österreich eingeschränkt oder ihnen gänzlich verwehrt gewesen. Zudem sei die Zahl der Spielbanken in Österreich auf höchstens 15 beschränkt.

Monopolkommission fordert mehr Wettbewerb im Vertrieb deutscher Lotterien

Glückspieländerungsstaatsvertrag: "grundsätzliche Überarbeitung notwendig"

Hamburg 11.07.2012 – Wenige Tage nach seinem Inkrafttreten kommt aus Bonn die erste amtliche Kritik am neuen Glücksspieländerungsstaatsvertrag. Die unabhängige Monopolkommission hat zu Beginn ihres aktuellen, an die Bundesregierung gerichteten Zweijahres-Gutachtens (19. Hauptgutachten 2010/2011) ausführlich zur Novelle Stellung genommen. Ihr Fazit: die gesellschaftlichen Ziele – Bekämpfung der Spielsucht und Verhinderung der Manipulation – können mit dieser Regulierung weder effektiv noch effizient erreicht werden; eine "grundsätzliche Überarbeitung" sei notwendig. Explizit ist die Kommission in ihrem Gutachten der Auffassung, dass die zunehmenden regulativen Einschränkungen der gewerblichen Spielvermittler aufgehoben werden müssen, da sie nicht den gesellschaftlichen Zielen dienen.

Die Kommission macht konkrete Vorschläge, wie die Beschränkungen für die Lotterievermittlung beseitigt werden können. Bis zu einer solchen erforderlichen Neuregelung sei es fraglich, ob überhaupt hinreichende Voraussetzungen für das Geschäftsmodell unabhängiger Spielvermittler bestehen. Um Rechtsverstöße und Kartell- und Gerichtsverfahren zu vermeiden, raten die Regierungsberater daher den staatlichen Lotteriegesellschaften ausdrücklich, durch faire Vereinbarungen einer Diskriminierung gewerblicher Spielvermittler vorzubeugen.

Norman Faber, Präsident des Deutschen Lottoverbandes, appelliert an die verantwortlichen Politiker, die Warnungen und Hinweise der Kommission ernst zu nehmen: "Wir fordern einen diskriminierungsfreien Wettbewerb um die Vermittlung von Lotterien und eine leistungsgerechte Provisionierung der Vermittler." Die Monopolkommission selbst empfiehlt den Lottogesellschaften in ihrem Gutachten, bei den Provisionsvereinbarungen mit privaten Vermittlern diejenigen Leistungen als Orientierungswert heranzuziehen, die sie ihren Lottoannahmestellen gewähren. Sonst drohe ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot gemäß § 20 Abs. 1 GWB. Die mangelnde Bereitschaft einzelner Lotteriegesellschaften zur angemessenen Provisionierung gewerblicher Spielvermittler habe bereits anhängige Verfahren des Bundeskartellamtes gegen den Deutschen Lotto- und Totoblock (DLTB) ausgelöst und könne Zivilklagen nach sich ziehen.

"Ein fairer Wettbewerb mit entsprechenden werblichen Aktivitäten wird letztlich zur Kanalisierung der Spieler hin zu kontrollierten und nachweislich suchtungefährlichen Glücksspielangeboten beitragen," so Faber. Seit Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages und den damit verbundenen Werbe- und Vertriebsbeschränkungen insbesondere bei Lotto sind die Umsätze um 14 Mrd. Euro (- 26%) Milliarden eingebrochen, während illegale Glücksspielangebote aus dem Ausland boomen. "Das zeigt deutlich den Irrweg der aktuellen Gesetzgebung."
Quelle: Deutscher Lottoverband

Dienstag, 10. Juli 2012

Lotto informiert: Deutscher Lotto- und Totoblock weist Kritik der Monopolkommission am Glücksspieländerungsstaatsvertrag zurück

München, 10. Juli 2012. Der Deutsche Lotto- und Totoblock (DLTB) weist die Kritik der Monopolkommission am Glücksspieländerungsstaatsvertrag zurück. Die Maxime der Monopolkommission ist es, alles dem Markt unterzuordnen. Sie verkennt dabei jedoch, dass es sich bei Glücksspielen um sensible Produkte handelt, die aufgrund ihres Gefährdungspotentials in Deutschland streng reguliert und Markt und Wettbewerb weitestgehend entzogen sind.

"Glücksspiel ist kein Gut wie jedes andere. Die Ministerpräsidenten haben den Staatsvertrag beschlossen und damit eine verantwortungsvolle Regelung für dieses sensible Feld getroffen, um gesellschaftliche Kollateralschäden einzudämmen", sagt Erwin Horak, Präsident der Staatlichen Lotterieverwaltung Bayern und Federführer des DLTB, des Zusammenschlusses der 16 staatlichen Lotteriegesellschaften.

Nicht nachzuvollziehen ist, dass die Monopolkommission für Steuersenkungen bei Sportwetten eintritt. Folgt man hier der Logik der Monopolkommission, bewegt man sich auf einen Steuersatz von weniger als 0,1 Prozent zu, wie er in Malta und Gibraltar gilt. Ein solch niedriges Niveau käme zwar den Interessen der kommerziellen Glücksspielindustrie entgegen. Hierdurch würde jedoch jegliche ordnungspolitische Lenkungsfunktion verloren gehen.

Quelle: Deutscher Lotto- und Totoblock (DLTB)

Montag, 9. Juli 2012

Deutsche Monopolkommission zum Wettbewerb auf Glückspielmärkten


Auszug aus der Pressemitteilung der Monopolkommission vom 6. Juli 2012:

"3. Der Markt für Glücksspielwesen ist in Deutschland streng reglementiert, stark staatlich dominiert und bietet nur geringen Raum für Wettbewerb. Zugleich machen es aber Online-Spielmöglichkeiten für viele Spielerinnen und Spieler möglich, auf illegale und nicht durch die Glücksspielaufsicht kontrollierte Angebote aus dem Ausland auszuweichen, sodass die versuchte staatliche Monopolisierung nicht mehr der effektiven Bekämpfung der Spielsucht dient. Nach zahlreichen juristischen Auseinandersetzungen soll nun der im Dezember 2011 unterzeichnete erste Glücksspieländerungsstaatsvertrag diesen Entwicklungen Rechnung tragen. Die Monopolkommission hat eingehend untersucht, ob die gesellschaftlichen Ziele durch die veränderte Reglementierung in effizienter Weise erreicht werden. Dies ist nicht der Fall, die Monopolkommission hält vielmehr eine grundsätzliche Überarbeitung für notwendig.

4. Durch den neuen Staatsvertrag wird das staatliche Monopol im Sportwettenmarkt in engen Grenzen liberalisiert. Die neue Experimentierklausel zur Konzessionierung privater Sportwettenanbieter wird von der Monopolkommission zwar begrüßt, da so zumindest teilweise eine Kanalisierung des Sportwettenangebots in legale und staatlich beaufsichtigte Märkte erreicht werden kann. Allerdings wurde der Ansatz nicht konsequent verfolgt. Die gewählte Spieleinsatzsteuer macht ein Angebot in Deutschland weiter unattraktiv und bevorzugt Anbieter aus dem Ausland.

Stattdessen wäre eine Besteuerung der konzessionierten Anbieter auf Grundlage des Rohertrags nach dem Vorbild Schleswig-Holsteins deutlich vorzuziehen. Zudem spricht sich die Monopolkommission gegen die vorgesehene Beschränkung der Anzahl möglicher Konzessionen aus. Des Weiteren sollte die Experimentierklausel auch auf andere Spielformen mit wachsenden Graumärkten wie Online-Poker und Online-Casinospiele ausgeweitet und mit entsprechenden Maßnahmen zur Bekämpfung der Spielsucht verbunden werden.

5. Im Bereich der Lotterien haben gewerbliche Spielevermittler in der Vergangenheit immer wieder Wettbewerb zwischen den Landeslottogesellschaften um die Einsätze dieser Vermittler ausgelöst. Durch zunehmende Regulierung hat der Staat das Geschäftsfeld der Spielevermittler erheblich begrenzt und den entstehenden Wettbewerb der Landeslottogesellschaften um Vermittlungsprovisionen unterbunden. Der Monopolkommission erscheint dieser Wettbewerb um die Vermittlung von Spielscheinen in der Tat aus gesellschaftlicher Sicht nicht zielführend. Demgegenüber sieht die Monopolkommission jedoch keinen hinreichenden Grund dafür, dass der Vertrieb von Lotterieprodukten nicht gesellschaftlich effizient auf privatwirtschaftlicher Ebene im Wettbewerb erfolgen kann. Staatliche Lotterieveranstalter sollten sich daher aus dem Vertrieb zurückziehen, private Vertriebsstellen sollten von den Aufsichtsbehörden allerdings durch die Erteilung von Konzessionen kontrolliert werden.

6. Der neue Staatsvertrag lockert auch die bisher restriktiven Beschränkungen für den Online-Vertrieb und bestimmte Werbemaßnahmen bei Lotterie- und Sportwettenangeboten. Der Zusammenhang dieses Kurswechsels mit Suchtpräventionsmaßnahmen ist allerdings nicht deutlich erkennbar.

Der Erlaubnisvorbehalt bezüglich Werbung und Online-Vertrieb für verschiedene Spielformen sollte deshalb an gemeinsame Richtlinien geknüpft werden, die kurzfristig an die Ergebnisse belastbarer Studien zur Suchtprävention angepasst werden können. Der Erlaubniserteilung im Bereich der Lotterien sollte dabei eine Suchtpräventionsstudie vorausgehen, welche insbesondere die Wirkungen des Lottospiels auf das Spielen anderer Glücksspiele untersucht.

7. Grundsätzlich sollte die Regulierung unterschiedlicher Glücksspielformen daraufhin überprüft werden, welche spezifischen Beschränkungen des Wettbewerbs unter Berücksichtigung belastbarer Studien zur Suchtprävention tatsächlich erforderlich sind. Dabei ist auch die Verhältnismäßigkeit der Beschränkungen unterschiedlicher Spielformen zu überprüfen. So erscheint die unterschiedliche Behandlung, die etwa mit der beschränkten Zulassung der gewerblichen Automatenspiele auf der einen Seite und einem staatlichen Monopol der Spielcasinos auf der anderen Seite erfolgt, mit dem Ziel der Eindämmung der Spielsucht nicht begründbar."

Betfair: MONOPOLKOMMISSION: NEUER GLÜCKSSPIELSTAATSVERTRAG BEREITS GESCHEITERT

Pressemitteilung von Betfair vom 9. Juli 2012

Hauptgutachten bescheinigt dem GlüÄndStV Untauglichkeit

BETFAIR PLC. Die Monopolkommission, das offizielle Beratungsgremium der Bundesregierung für Fragen der Wettbewerbspolitik, beurteilt den vor nur einer Woche in Kraft getretenen Glücksspieländerungsstaatsvertrag (GlüÄndStV) der Länder in ihrem am Freitag vorgestellten 19. Hauptgutachten als nicht geeignet, die gesellschaftlichen Ziele effizient zu erreichen. Aus diesem Grund hält die Monopolkommission bereits jetzt eine „grundsätzliche Überarbeitung“ der Regulierung für notwendig.

Die Monopolkommission kritisiert unter anderem

- die beschränkte Anzahl möglicher Konzessionen für Sportwettanbieter, da sie die Graumärkte stärkt,

- die gewählte steuerliche Bemessungsgrundlage ‚Spieleinsatz’, da auch sie deutlich weniger geeignet sei, den Graumarkt einzudämmen als die Bemessungsgrundlage ‚Bruttorohertrag’ und

- das Verbot von Online-Poker und Online-Casinospielen trotz einer grundsätzlich vergleichbaren Graumarkt-Problematik.

„Besonders bedeutsam“ ist nach Auffassung der Monopolkommission das Besteuerungssystem, da es für die Erreichung der gesellschaftlichen Regulierungsziele maßgeblich ist. Daher empfiehlt das Expertengremium: „Im Ergebnis ist damit für das gesellschaftlich relevante Ziel der Suchtbekämpfung durch Kontrolle, ein Besteuerungssystem, wie es in Schleswig-Holstein gewählt wurde, klar vorzuziehen. Die Kanalisierung des Glücksspiels in den legalen Markt erfolgt unter einem derartigen System deutlich besser.“

Peter Reinhardt, Zentraleuropachef von „Betfair“, sagte dazu:

„Das Urteil der Monopolkommission ist eindeutig: Die Länder haben mit dem GlüÄndStV ein untaugliches Gesetzeswerk konstruiert. Der neue Staatsvertrag ist nicht geeignet, den Schwarzmarkt zu kanalisieren, effektiven Spielerschutz zu gewährleisten und Steuereinnahmen zu generieren. Mit dem vorliegenden Regulierungsmodell wird der größte Teil des Online-Glücksspiels weiterhin im unregulierten Bereich stattfinden. Es ist wichtig, dass nun Konsequenzen gezogen werden und im Sinne der Empfehlungen der Monopolkommission möglichst schnell nachgebessert wird.“

Das Gutachten ist unter www.monopolkommission.de zum Download verfügbar.

Über Betfair: (www.betfair.com)

Betfair wurde im Jahr 2000 gegründet und ist heute einer der weltgrößten Wettanbieter im Internet. Die Betfair-Unternehmensgruppe hat über 4 Mio. registrierte Kunden und wickelt täglich mehr als 7 Mio. Transaktionen ab, mehr als doppelt so viele Transaktionen wie alle Europäischen Börsenplätze zusammen. Über 2.300 Angestellte arbeiten international für Betfair.

Betfair verfügt in Schleswig-Holstein, Gibraltar, Malta, Italien, Australien, den USA und Großbritannien über Glücksspielerlaubnisse. Es ist Betfairs Bestrebung, in allen Ländern, in denen das Unternehmen tätig ist, Lizenzen innezuhaben, zu investieren und Steuern zu zahlen. Die Gruppe arbeitet aktiv mit Regierungen und anderen Interessenvertretern zusammen, um dazu beizutragen, für die Verbraucher ein kontrolliertes und sicheres Umfeld für Online-Glücksspiele zu schaffen. Betfair möchte auch in Deutschland auf Grundlage einer Erlaubnis tätig sein und arbeitet konstruktiv mit den Bundesländern zusammen, um dies zu erreichen.

Betfair ist eines der Top 25 Internet-Unternehmen weltweit. Das Unternehmen wurde unzählige Male ausgezeichnet, darunter u.a. mit dem Britischen Queen’s Award for Enterprise im Jahr 2003 in der Kategorie Innovation und im Jahr 2008 in der Kategorie International Trade. Zweimal, in den Jahren 2004 und 2005, wurde Betfair zur „Confederation of British Industry’s (CBI) Company of the Year“ ernannt – ein Erfolg, den kein anderes Unternehmen zuvor erreicht hat.