Donnerstag, 2. August 2012

Neuregelung der Besteuerung von Sportwetten

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Neben dem Änderungsstaatsvertrag zum Glücksspielstaatsvertrag ist zum 1. Juli 2012 auch das Gesetz zur Besteuerung von Sportwetten in Kraft getreten. Anders als der Staatsvertrag, bei dem es sich um Landesrecht handelt (das zunächst in 14 der 16 deutschen Länder in Kraft getreten ist, mit dem Nachzügler NRW und dem Sonderfall Schleswig-Holstein) handelt es sich bei diesem Gesetz um Bundesrecht.

Das Gesetz wurde innerhalb kürzester Zeit verabschiedet. Die am  28. Juni 2012 im Bundestag durchgeführt zweite und dritte Lesungen dauerte lediglich 75 Sekunden (da die Reden zu Protokoll gegeben wurden. Nur einen Tag später stimmt der Bundesrat in einer Sondersitzung zu. Noch am 29. Juni 2012 wurde das Gesetz im Bundesgesetzblatt (Teil I Nr. 29, BGBl. 2012, 1424 ff.) veröffentlicht. Etwa 30 Stunden später trat das Gesetz in Kraft.

Mit dem neuen Gesetz wird das aus dem Jahr 1922 stammende (und damit vorkonstitutionelle) Rennwett- und Lotteriegesetz (RWG) grundlegend geändert, im Folgenden auch als RWG n.F. (neue Fassung) bezeichnet. Es werden nunmehr sämtliche Sportwetten mit Kunden in Deutschland einer 5%-igen Steuer auf den Spieleinsatz unterworfen, unabhängig davon ob der Vertragsabschluss ortgebunden oder über das Internet stattfindet. Diese Steuer ist vom Veranstalter abzuführen (unabhängig davon, ob dieser in Deutschland konzessioniert ist oder nicht).

Das Gesetz zur Besteuerung von Sportwetten beruht auf einer Gesetzesinitiative des Bundesrats aus dem letzten Jahr und flankiert den neuen Glücksspielstaatsvertrag 2012. So ist in diesem eine Anrechnung der Steuer auf die Konzessionsabgabe vorgesehen. 

Die Steuerregeln hinsichtlich Sportwetten finden sind nach den Abschnitt I, der Pferdewetten regelt („Rennwetten“, §§ 1 ff. RWG), in dem Abschnitt II (§§ 17 ff. RWG n.F.). Dabei (wie auch in den ergänzenden Ausführungsbestimmungen zum RWG) wird der bislang verwendet Begriff der „Oddset-Wette“ (Wetten zu festen Odds) durchgängig durch den weiteren Begriff „Sportwette“ ersetzt, mit dem sämtliche „Wetten aus Anlass von Sportereignissen“ erfasst werden.

Zu der Besteuerung im Einzelnen:

1. Besteuerungsgegenstand

Besteuert werden nach § 17 RWG n.F. Sportwetten, die von den „Rennwetten nach Abschnitt I“ abgrenzt werden (d.h. die dort geregelten Pferdewetten). Sportwetten sind steuerbar, wenn der Spieler seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthaltsort in Deutschland hat und „die zur Entstehung des Wettvertrages erforderlichen Handlungen“ auch in Deutschland vornimmt. Mit der letzteren Umschreibung sollen offenkundig auch Abschlüsse über das Internet (Computer des Spielers in Deutschland) erfasst werden. Dass Personen, die „nicht natürliche Personen“ sind, d.h. sog. juristische Personen (wie etwa insbesondere Kapitalgesellschaften, GmbH, AG etc.) Sportwetten abschließen, dürfte in der Praxis allerdings wohl nicht oder nur sehr selten vorkommen.

§ 17 Abs. 2 RWG n.F. bezeichnet den Besteuerungsgegenstand wie folgt:
„Wetten aus Anlass von Sportereignissen (Sportwetten), die nicht als Rennwetten nach Abschnitt I dieses Gesetzes besteuert werden, unterliegen einer Steuer, wenn

1. die Sportwette im Inland veranstaltet wird oder

2. der Spieler eine natürliche Person ist und bei Abschluss des Wettvertrages seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat oder, wenn er keine natürliche Person ist, bei Abschluss des Wettvertrages seine Geschäftsleitung oder seinen Sitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat. Dies gilt nicht, wenn der Spieler sich bei Abschluss des Wettvertrages außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes aufhält und die zur Entstehung des Wettvertrages erforderlichen Handlungen dort vorgenommen werden.

Die Steuer beträgt 5 vom Hundert des Nennwertes der Wettscheine beziehungsweise des Spieleinsatzes.“

2. Steuersatz

Der Steuersatz beträgt 5%, wobei auf den (in der Praxis bislang ungebräuchlichen Begriff des) „Nennwertes der Wettscheine beziehungsweise des Spieleinsatzes“ abgestellt wird.
Auch Nebenleistungen sind zu dem „Nennwert“ hinzuzurechnen (beispielhaft werden „Schreib- und Kollektionsgebühren“ genannt), was sich aus einer Änderung der Ausführungsbestimmungen zum RWG ergibt. § 37 Abs. 1 der Ausführungsbestimmungen lautet nunmehr:
 
„Bei der Berechnung der Lotteriesteuer für im Inland veranstaltete Lotterien und Ausspielungen und der Sportwettensteuer nach § 17 Absatz 2 des Rennwett- und Lotteriegesetzes sind alle für den Erwerb eines Loses oder eines Wettscheines an den Veranstalter oder dessen Beauftragten zu bewirkenden Leistungen dem Preise des Loses oder dem Wetteinsatz hinzuzurechnen, insbesondere in Rechnung gestellte Schreib- und Kollektionsgebühren.“
Damit soll offenbar eine Umgehung bzw. der Reduzierung der Steuer durch (zusätzlich berechnete) Servicegebühren o.ä. oder einer „Wettscheingebühr“ verhindert werden.


3. Steuerschuldner und Fälligkeit

Nach § 19 Abs. 2 RWG n.F. ist der Steuerschuldner der Veranstalter:
„Die Steuer für Sportwetten (§ 17 Absatz 2) schuldet der Veranstalter. Die Steuerschuld entsteht, wenn die Wette verbindlich geworden ist. § 4 Absatz 2 gilt entsprechend. Die Steuer für Sportwetten ist am 15. Tag nach Ablauf des Anmeldungszeitraums fällig.“
Durch das Abstellen auf die Verbindlichkeit der Wette in Satz 2 könnte man zunächst meinen, dass bei nicht-konzessionierten Veranstaltern ggf. mangels Verbindlichkeit der Wette auch keine Steuerschuld entstehen könnte. Dies will man offenkundig aber durch den Verweis auf § 4 Abs. 2 RWG in Satz 3 ausdrücklich ausschließen. In dieser Vorschrift (zu Pferdewetten) wird nämlich auf die bloße Aushändigung des Wettscheins abgestellt:
"Ist der Wettschein ausgehändigt, so ist die Wette für den Unternehmer des Totalisators und den Buchmacher verbindlich. Ein von dem Wettenden gezahlter Einsatz kann nicht unter Berufung auf § 762 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zurückverlangt werden. Soweit der Einsatz nicht gezahlt ist, kann er von dem Gewinn abgezogen werden. Im übrigen bleiben die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs unberührt.“

Hans-Jörn Arp zu Online-Poker-Lizenzen: Auch SPD-Chef Stegner muss endlich verstehen, dass wir in einem Rechtsstaat und nicht in einer Bananenrepublik leben!

Pressemitteilung der CDU-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag vom 1. August 2012

Der Parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag, Hans-Jörn Arp, hat heute (01. August 2012) Innenminister Andreas Breitner (SPD) darin bestärkt, das im Gegensatz zum Glücksspielstaatsvertrag der anderen 15 Bundesländer von der EU-Kommission notifizierte und von der Monopolkommission gelobte schleswig-holsteinische Glücksspielgesetz weiter umzusetzen und auf dessen Grundlage auch Lizenzen für Online-Poker zu vergeben:

„Auch SPD-Chef Stegner muss endlich verstehen, dass wir in einem Rechtsstaat und nicht in einer Bananenrepublik leben. Deshalb begrüße ich, dass der stellvertretende SPD-Landesvorsitzende Andreas Breitner in seiner Rolle als Innenminister Stegners Druck standhält und die rechtmäßige Vergabe von Online-Pokerlizenzen nicht länger ausschließt”, kommentierte Arp entsprechende Meldungen der NDR 1 Welle Nord.

In diesem Zusammenhang forderte der CDU-Abgeordnete Innenminister Breitner auf, alle ausstehenden Lizenzierungsverfahren verzugslos zum Abschluss zu bringen, um weitere Verpflichtungsklagen zu vermeiden. Arp: „Es wäre mehr als peinlich, wenn der Landesregierung durch die Gerichte ins Stammbuch geschrieben würde, gegen geltendes Recht keine Lizenzen zu vergeben.“

Viel zu lange sei die schleswig-holsteinische SPD ihrem Landesvorsitzenden Stegner in dessen Kurs gefolgt, das staatliche Glücksspielmonopol auch gegen geltendes Recht und gegen den gesunden Menschenverstand um jeden Preis zu sichern.

„Angesichts der rasant zunehmenden Zahl der Spieler ist auch für Online-Poker ein klarer rechtlicher Rahmen erforderlich, der unter anderem den Spieler- und Jugendschutz sowie die Suchtprävention regelt und eine entsprechende Überwachung sicherstellt. Es darf nicht länger so getan werden, als ob die Spieler in Deutschland die zahlreichen ausländischen Angebote im Internet nicht wahrnehmen würden. Malta ist am Computer nur einen Mausklick entfernt“, erklärte Arp.

Der CDU-Abgeordnete forderte die Kolleginnen und Kollegen von Grünen, SPD und SSW auf, vor einer Entscheidung über einen Beitritt Schleswig-Holsteins zu einem Glücksspielstaatsvertrag dessen Notifizierung durch die EU-Kommission abzuwarten:

„Bereits mit dem letzten Glücksspielstaatsvertrag – den SPD-Chef Stegner in seiner damaligen Funktion als Innenminister mit ausgehandelt und für den er in Kabinett und Landtag vehement geworben hat – sind die 16 Bundesländer vor dem EuGH krachend gescheitert. Deshalb wird sich dieses Mal kein Mitglied des schleswig-holsteinischen Landtages mehr damit entschuldigen können, es habe in dieser Frage dem Urteil von Herrn Stegner vertraut“, so Arp abschließend.

Pressesprecher Dirk Hundertmark
Landeshaus, 24105 Kiel
Telefon 0431-988-1440
Telefax 0431-988-1443
E-mail: info@cdu.ltsh.de
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Sonntag, 29. Juli 2012

Urteil in der Rechtssache Fortuna: Europäischer Gerichtshof bestätigt Notifizierungspflicht bei der Änderung technischer Normen für Glücksspielautomaten


von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Nach Auffassung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) müssen geplante Gesetzesänderungen hinsichtlich Glücksspielautomaten der Europäischen Kommission vorab notifiziert (d.h. im Entwurf mitgeteilt) werden, wenn diese Bestimmungen die Art und die Vermarktung wesentlich beeinflussen können (Urteil vom 19. Juli 2012 in den verbundenen Rechtssachen Fortuna C-213/11, Grand C-214/11 und Forta C-217/11). 

Der EuGH war vom Verwaltungsgericht Danzig um Vorabentscheidung gebeten worden, nachdem mehrere Automatenaufsteller mit Klagen geltend gemacht hatten, durch eine nicht notifizierte Gesetzesänderung würden ihre Automaten praktisch nutzlos. Durch das zum 1. Januar 2010 in Kraft getretene polnische Glücksspielgesetz waren Automatenspiele nunmehr nur noch in Spielkasinos zulässig. Davor war lediglich eine Erlaubnis der örtlich zuständigen Finanzbehörde erforderlich. Auch war nunmehr nach den Übergangsbestimmungen eine Änderung der Orte der Spielveranstaltung nicht mehr möglich.

Rechtlich ging es vor dem EuGH um die Frage, ob diese Gesetzesänderungen als „technische Vorschriften“ im Sinne der Richtlinie 98/34/EG zu betrachten sind, deren Entwürfe der Europäischen Kommission übermittelt hätten werden müssen. Nach Ansicht des EuGH wird durch die Übergangsbestimmungen die Vermarktung der Spielautomaten beeinträchtigt. Das Verbot der Ausstellung, der Verlängerung und der Änderung der Erlaubnisse für die Ausübung einer Tätigkeit im Bereich der Automatenspiele mit niedrigen Gewinnen außerhalb von Spielkasinos sei nämlich geeignet, den Handel mit den Automaten für Spiele mit niedrigen Gewinnen unmittelbar zu beeinträchtigen (Rn. 36). Nach Auffassung des EuGH muss das nationale Gericht neben der Möglichkeit einer (Um-)Programmierung der Automaten nunmehr prüfen, ob die Verringerung der Stätten für Automatenspiele auch mit einer Begrenzung der Höchstzahl der Spielkasinos und der dort benutzbaren Spielautomaten einhergeht.