Dienstag, 24. September 2013

Österreichischer Verwaltungsgerichtshof: Grunderwerbsteuer bei Grundstückserwerb durch Hausverlosung (Fall 1) und keine gesonderte Vergebührung des Glücksgeschäfts bei Hausverlosung (Fall 2)

Zlen. 2012/16/0159 bis 0160 und Zl. 2010/16/0101 vom 29. August 2013
Im ersten Fall wurde eine Liegenschaft samt Villa in Tirol mit einem Verkehrswert von mindestens 1,5 Millionen Euro im Rahmen einer sog. "Hausverlosung" zum Verkauf angeboten. Nachdem sämtliche 21.999 Lose zum Einzelpreis von Euro 99,- verkauft worden waren, fand am 17. August 2010 die Verlosung statt. Der bei der Verlosung erfolgreichen Erwerberin schrieb das Finanzamt Grunderwerbsteuer (3,5%) von einer Bemessungsgrundlage vor, die auf Basis der Summe der von allen Loskäufern bezahlten Lospreise (Euro 2,177.901,-) ermittelt worden war.
 
In ihrer dagegen erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof vertrat die Käuferin den Standpunkt, der Eigentumsübertragungsvorgang sei ein von der Verlosung losgelöstes Rechtsgeschäft, bei dem keine Gegenleistung erbracht worden sei. Es sei daher (nur) der dreifache Einheitswert als Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer heranzuziehen. (Anmerkung: Gemäß § 4 Grunderwerbsteuergestz ist die Steuer vom Wert der Gegenleistung zu berechnen; wenn keine Gegenleistung vorhanden ist, ist sie vom [Einheits-]wert des Grundstückes zu berechnen).
 
Diese Auffassung der Käuferin wurde vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilt. Ein Zusammenhang zwischen den Verlosungsbedingungen und der Übereignungsvereinbarung besteht insoweit, als ohne Erfüllung der Bedingung des Verkaufes aller Lose und damit der Lukrierung des entsprechenden Entgelts keine Gewinnermittlung stattgefunden hätte und die Liegenschaften nicht übertragen worden wären. Die beiden Rechtsgeschäfte standen demnach in einem derart engen inneren Zusammenhang, dass insofern von einem einheitlichen Vorgang auszugehen ist, als die Eigentumsübertragung den Verkauf aller Lose vorausgesetzt hat.
 
Da es nach der Rechtsprechung nicht darauf ankommt, von wem die Gegenleistung erbracht wird, ist der Gegenleistung der Käuferin bei verständiger Würdigung und wirtschaftlicher Betrachtungsweise des dargestellten Zusammenhanges jener Ertrag hinzuzurechnen, den die Verkäufer durch den Verkauf aller übrigen Lose erzielt haben, somit insgesamt Euro 2,177.901,-. Erst durch die Leistungen der übrigen Loskäufer an die Überträger der Liegenschaften konnte die Käuferin die Objekte überhaupt erwerben.
 
Die Vorschreibung der Grunderwerbsteuer auf dieser Basis erfolgte daher zu Recht.
 
Auch in einem weiteren, am selben Tag vom Verwaltungsgerichtshof entschiedeneren Fall bot ein Eigentümer seine Liegenschaft mittels einer Hausverlosung zum Verkauf an. Von den aufgelegten 16.000 Losen à Euro 99,-   wurde nur ein Fünftel verkauft, weshalb es nicht zum Liegenschaftsverkauf kam. Das Finanzamt schrieb dem Verloser für diese Hausverlosung ausgehend von einer Bemessungsgrundlage von Euro 1,584.000,- die Rechtsgeschäftsgebühr in Höhe von Euro 190.080,- vor. Rechtsgrundlage war § 33 Tarifpost 17 Abs. 1 Z 7 lit. a Gebührengesetz, wonach Glücksverträge, wodurch die Hoffnung eines noch ungewissen Vorteiles versprochen und angenommen wird, der Gebühr in Höhe von 12 v. H. vom Gesamtwert aller nach dem Spielplan bedungenen Einsätze unterliegen.
 
In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof berief sich der Verloser auf § 15 Abs. 3 GebG, wonach Rechtsgeschäfte, die u.a. unter das Grunderwerbsteuergesetz fallen, von der Gebührenpflicht ausgenommen sind.
 
Entsprechend der oben dargestellten Grunderwerbsteuerbarkeit einer Liegenschaftsverlosung ist aber bereits bei der Auslobung (also beim verbindlichen Anbieten der Lose) vom Vorliegen eines Rechtsgeschäftes im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes auszugehen. Auf das den Übereignungsanspruch des Gewinners begründende Rechtsgeschäft (Gewinn bei der tatsächlichen Verlosung) kommt es hingegen nicht an. Die beiden Rechtsgeschäfte stehen demnach in einem derart engen inneren Zusammenhang, dass insofern von einem einheitlichen Vorgang auszugehen ist.
 
Indem die Behörde von zwei chronologisch nacheinander gereihten, nicht identen Rechtsvorgängen ausging, von denen der erste der Rechtsgebühren- und der zweite der Grunderwerbsteuerpflicht unterliegt, hat sie die Rechtslage verkannt und ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet. Es hätte keine Gebührenvorschreibung erfolgen dürfen.