Donnerstag, 14. November 2013

EuGH und EFTA-Gerichtshof klären Vergabe von Glücksspielkonzessionen

von Rechtsanwalt Martin Arendts, M.B.L.-HSG

Dir Vergaben von Konzessionen für Spielbanken und Sportwetten richten sich nicht rein nach nationalem Recht, sondern vielmehr sind auch europarechtliche Vorgaben zu beachten. Der EuGH hat in einer Reihe von Urteilen aus den Grundfreiheiten hierzu relativ detaillierte Kriterien entwickelt.  Insbesondere zur Transparenz des Verfahrens, zu der nicht-diskriminierenden Vergabe von Konzessionen und zur gerichtlichen Nachprüfbarkeit  gibt es bereits eine gefestigte Rechtsprechung (siehe hierzu Arendts, Europarechtliche Anforderungen an die Vergabe von Glücksspielkonzessionen, ZfWG 2012, 391 ff.).
Eine weitere Klärung wird es nunmehr sowohl  durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) wie auch durch den EFTA-Gerichtshof  geben. Die Buchmacher Stanley International Betting Ltd und Stanleybet Malta Ltd hatten in Italien gegen die Ausschreibung von Wettkonzessionen geklagt. Der italienische Staatsrat (Consiglio di Stato), das oberste Verwaltungsgericht Italiens, legte daraufhin dem EuGH Fragen zur Ausgestaltung der Konzessionsbedingungen bei einer Neuausschreibung vor. Bereits in mehreren jüngeren Entscheidungen hatte der EuGH betont, dass es einen effektiven Wettbewerb (level-playing field) zwischen alten Konzessionsinhabern und neuen Konzessionären geben müsse. In der Rechtsache C-463/13 geht es im Wesentlichen um die Frage, ob neue Konzessionäre angesichts der Dienstleistung- und Niederlassungsfreiheit schlechter behandelt werden dürfen als eingesessene, hier durch ein kürzere Laufzeit der neuen Konzessionen. Der Staatsrat stellte dem EuGH hierzu folgende Vorlagefragen:

Sind die Art. 49 ff. und 56 ff. AEUV sowie die Grundsätze, die der Gerichtshof der Europäischen Union in dem Urteil vom 16. Februar 2012 in den verbundenen Rechtssachen C-72/10 und C-77/10 aufgestellt hat, dahin auszulegen, dass sie einer Ausschreibung von Konzessionen entgegenstehen, deren Laufzeit kürzer ist als bei früher erteilten Konzessionen, wenn die Ausschreibung durchgeführt worden ist, um die Folgen eines rechtswidrigen Ausschlusses bestimmter Bewerber zu beheben?

Sind die Art. 49 ff. und 56 ff. AEUV sowie die Grundsätze, die der Gerichtshof der Europäischen Union in dem Urteil vom 16. Februar 2012 in den verbundenen Rechtssachen C-72/10 und C-77/10 aufgestellt hat, dahin auszulegen, dass sie das Erfordernis einer Neuordnung des Konzessionierungssystems durch eine Anpassung der Zeitpunkte, zu denen die Konzessionen ablaufen, als angemessenen Rechtfertigungsgrund für die Verkürzung der Laufzeit der ausgeschriebenen Konzessionen gegenüber der Laufzeit früher erteilter Konzessionen ausschließen?
Auch der EFTA-Gerichtshof, das Pendant zum EuGH für die (wenigen) EFTA-Staaten, wird sich ganz aktuell mit der Vergabe von Glücksspielkonzessionen zu beschäftigen haben. Das liechtensteinische Verfassungsgericht, der Staatsgerichthof des Fürstentums Liechtenstein, legte mit Beschluss vom 29. Oktober 2013 einen Fall zur Vergabe der (einzigen) Spielbankenkonzession dem EFTA-Gerichtshof vor (Az. StGB 2013/044). Der Gerichthofs wird dabei gebeten, näher zu klären, welche generellen Anforderungen des Europarechts an das Verfahren zur Vergabe sich insbesondere aus Art. 43 AG (Niederlassungsfreiheit) und 49 EG (Dienstleistungsfreiheit) und dem daraus folgenden Transparenzgebot ergeben. Für den Staatsgerichtshof stellt sich vor allem die Frage, ob aufgrund einer unter Verletzung europarechtlicher Vorgaben erfolgten Ausschreibung eine Neuausschreibung erfolgen muss.  Konkret ging es in diesem Fall darum, dass die Gewichtung der Zuschlagskriterien nicht vorab veröffentlicht worden, sondern erst nach Ablauf der Bewerbungsfrist festgelegt worden war.

Eine Entscheidung des EFTA-Gerichthofs dürfte auch für das intransparente Sportwetten-Konzessionierungsverfahren in Deutschland von Bedeutung sein. Auch dort sind die konkreten Auswahlkriterien und deren Gewichtung (5.000 Punkte-Schema) bis heute nicht veröffentlicht, sondern nur den erfolgreichen Bewerbern in der zweiten Stufe streng vertraulich mitgeteilt worden. Interessenten hatten somit keine Gelegenheit, ihre Chancen für eine Konzession realistisch einzuschätzen.