Montag, 1. Juli 2013

EGBA: Ein Jahr Glücksspieländerungsstaatsvertrag in Deutschland: Beschränkte Marktöffnung droht zu scheitern

Pressemitteilung der European Gaming and Betting Association (EGBA)
 
Brüssel, 28. Juni 2013 - Auch ein Jahr nach in Inkrafttreten des Ersten Glücksspieländerungsstaatsvertrages (Erster GlüÄndStV) ist die beschränkte Marktöffnung für die Sportwette in Deutschland noch nicht auf den Weg gebracht. Damit bestätigen sich die Bedenken der führenden europäischen Glücksspielanbieter und der Europäischen Kommission bezüglich der deutschen Regulierung und deren Umsetzung.
 
Der Glücksspieländerungsstaatsvertrag ist am 1. Juli 2012 in Kraft getreten und sieht eine Neuregelung des Glücksspiels in Deutschland vor, nachdem der Europäische Gerichtshof (EuGH) die deutsche Regulierung im Jahre 2010 für europarechtswidrig erklärte. Durch den Vertrag wird der Markt beschränkt für den Zeitraum von sieben Jahren für 20 Sportwettenanbieter geöffnet. Erklärte politische Ziele des Vertrages sind die Kanalisierung des Schwarzmarktes und die Bekämpfung von Spielsucht.
 
Die Europäische Kommission hat frühzeitig europarechtliche Bedenken an der deutschen Regulierung geäußert, insbesondere in Bezug auf die Problematik der Begrenzung der Höchstzahl von Anbietern und auf die fehlende Berücksichtigung von Online Poker und -Casino in der Regelung. Für die Kommission ist nicht zu erkennen, wie eine Beschränkung der Gesamtzahl der Konzessionen zur Erreichung der gesetzten Ziele geeignet ist (vgl. Notifizierung des Glückspielstaatsvertrages 2011/0188/D). In Kombination mit den gesetzten engen Grenzen für die Ausgestaltung von Sportwetten ist es durch die Begrenzung schwierig, ein attraktives (Online-)Sportwetten-Angebot in Deutschland zur Verfügung zu stellen.
 
Diese Bedenken der Kommission scheinen sich nun zu bestätigen: Ein Jahr nach Inkrafttreten ist die Neuregelung der Sportwette nicht gelungen, ein Jahr der siebenjährigen Öffnungsphase ist verstrichen, ohne dass Sportwettenanbieter zum Markt zugelassen wurden. Das für die Vergabe der 20 Sportwetten-Konzessionen gewählte Verfahren, auf das sich die Ministerpräsidenten geeinigt hatten, entspricht nicht den europäischen Vorgaben: Es wurde versäumt den Bewerbern klare, transparente und verlässliche Informationen über die bei der Vergabe anzuwendenden Kriterien zu liefern. Dies führte bisher zu zahlreichen Klagen der Anbieter und mehrfacher Verschiebung der Konzessionsvergabe durch die Verwaltung. Wann die Vergabe der Konzessionen stattfinden wird, ist momentan völlig offen, selbst die Verwaltung rechnet mit bis zu 80 verwaltungsgerichtlichen Verfahren, sowohl mit unterlegenen Bewerbern als auch mit Konzessionsinhabern. Zudem sind Online Poker und -Casino nicht Teil der beschränkten Marktöffnung, obwohl diese Marktsegmente einen deutlich größeren Umfang ausmachen als die Sportwette.
 
Maarten Haijer, Generalsekretär der EGBA, kommentiert: "Zahlreiche Fragen bezüglich der Sportwette sind in Deutschland nach wie vor offen, obwohl das Vergabeverfahren seit Monaten läuft. Selbst wenn die Vergabe gelingt, wird am Ende eine Marktregulierung stehen, die für alle Beteiligten - sowohl die Anbieter, die Verwaltung als auch den Breiten- und Profisport und die Werbebranche, die von Erträgen der Glücksspielanbieter abhängig sind – Nachteile birgt.“
 
Die schleppende Vergabe der Konzessionen zeigt, dass das gewählte Regulierungsmodell problematisch ist. Die Bedenken der Kommission können aus Sicht der EGBA zu diesem Zeitpunkt nur ausgeräumt werden, wenn der Regulierungsansatz grundsätzlich überdacht oder das Vergabeverfahren neu begonnen wird. Ohnehin stellt die deutsche Regulierung einen europäischen Alleingang dar: In anderen europäischen Ländern werden Anbieter auf Basis eines umfangreichen Kriterienkatalogs zugelassen. Zudem gibt es mit der seit 2011 praktizierten Lizenzierung von Glücksspielanbietern in Schleswig-Holstein ein binnenländisches Beispiel für eine erfolgreiche Regulierung: Dort erhalten Anbieter eine Lizenz, die die Erfüllung von hohen Zuverlässigkeits-, Qualitäts-, Wirtschaftlichkeits- und Sicherheitskriterien nachweisen können. Diese Verfahren haben sich in der Praxis bewährt und führen nirgends zu vergleichbaren Verzögerungen und juristischen Auseinandersetzungen wie in Deutschland.
 
Maarten Haijer fasst zusammen: “In Deutschland lässt sich beobachten, wie ein politischer Kompromiss, von dem nun niemand abrücken möchte, ein schlechtes Verfahren schafft. Für unsere Mitglieder, die in allen europäischen Ländern aktiv sind, ist das deutsche Vorgehen vor dem Hintergrund erfolgreicher europäischer Regulierungsbeispiele und dem Fortbestand europarechtlicher Bedenken unverständlich“.
 
Die Erreichung der politischen Ziele von Schwarzmarktkanalisierung und Bekämpfung der Spielsucht sind vor dem Hintergrund der Verfahrensprobleme in der Konzessionsvergabe komplett in den Hintergrund gerückt. Die Europäische Kommission plant, sich spätestens 2014 im Rahmen der Evaluierung des Glücksspielstaatsvertrages, mit der deutschen Regulierung intensiv auseinander zu setzen. Der bisherige Verlauf des Konzessionsverfahrens dürfte Gegenstand der Evaluierung sein.
 
Deutsche Kunden haben Anspruch auf ein effizient reguliertes Angebot an digitaler Unterhaltung. So müssen sie nicht auf asiatische Anbieter ausweichen. EGBA wird in sehr naher Zukunft mit einer Vertretung in Berlin die Online-Gaming-Industrie vor Ort repräsentieren und so einen faktenbasierten Entscheidungsfindungsprozess mit Politik und anderen Stakeholdern unterstützen.
 
Über EGBA
Die European Gaming and Betting Association (EGBA) ist die Industrievereinigung der führenden in der Europäischen Union angesiedelten, lizenzierten und regulierten Online-Glücksspiel- und Wettanbieter Bet-at-home.com, bwin.party, Betclic, Digibet, Expekt und Unibet. Die EGBA tritt für einen durchgängigen und von fairem Wettbewerb gekennzeichneten regulierten Online-Glücksspiel- und Wettmarkt ein, der im Einklang mit EU-Recht steht. Die EGBA ist der Überzeugung, dass ein derart regulierter Markt auf der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung und der Wahrung von Verbraucherschutzinteressen basieren sowie dem grenzübergreifenden Charakter des Online-Marktes entsprechen sollte. www.egba.eu

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